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Handelsabkommen EU-Japan: Starkes Signal gegen Trumps Willkür

Das Handels- und Partnerschaftsabkommen der EU mit Japan setzt ein deutliches Zeichen gegen den Nationalismus und Protektionismus von US-Präsident Donald Trump. Das findet Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses des EU-Parlaments. Er setzt auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.
von Johanna Schmeller · 24. Juli 2018
Klare Ansage des SPD-Europabgeordneten Bernd Lange

Bernd Lange, Japan war 2017 mit einem Handelsvolumen von rund 129 Milliarden Euro der sechstgrößte Handelspartner der EU. Was bedeutet das vereinbarte Handelsabkommen zwischen Japan und der EU vor diesem Hintergrund? Wo sehen Sie die größte politische Errungenschaft?

Japan ist der zweitgrößte Handelspartner der EU in Asien, eine der größten Volkswirtschaften der Welt und eine starke Demokratie in Ostasien. Japan und die EU zusammen machen mehr als ein Drittel der Weltwirtschaft aus und umfassen 600 Mio. Konsumentinnen und Konsumenten. Parallel zum Handelsabkommen wurde ein strategisches Partnerschaftsabkommen ausgehandelt, das den politischen Dialog und die Zusammenarbeit unter anderem in den Bereichen Menschenrechte, Sicherheit und Klimawandel regelt. Mit diesen gemeinsamen Maßnahmen setzen die EU und Japan zu einem wichtigen Zeitpunkt ein deutliches Zeichen gegen die nationalistischen und protektionistischen Tendenzen, die wir in den USA beobachten müssen. Mit dem Abkommen wird ein Baustein für ein erweitertes, regelbasiertes Handelssystem gesetzt. Gemeinsam kann auf dieser Basis an der Reform der Welthandelsorganisation (WTO) gearbeitet werden.

Was bedeutet denn das Handelsabkommen hinsichtlich der Politik von Präsident Trump?

In einer Zeit, in der das regelbasierte Handelssystem durch die Abschottungszölle und die merkantile Handelspolitik der USA unter Druck steht ist das Abkommen ein klares Signal, für uns geht es um die Geltung des Rechts und nicht um das Recht des Stärkeren. Kanada und Japan sind unsere engsten Handelspartner und enge politische Verbündete, die beide auch von den Willkürmaßnahmen von Herrn Trump betroffen sind. Hier werden nun die Reihen geschlossen. Insofern sollte auch die EU geeint und geschlossen der Irrfahrt von Präsident Trump sich entgegen stellen. Wir können über weitere Reformen des regelbasierten, multilateralen Handelssystem mit den USA reden, aber nicht unter erpresserischem Druck.

Welche Vorteile bestehen auf beiden Seiten durch das Freihandelsabkommen?

Die Vorteile sind sehr vielfältig und erstrecken sich vom Zollabbau über die Liberalisierung von einigem Dienstleistungshandel zum Schutz geographischer Herkunftsbezeichnungen (wie z.B. das Lübecker Marzipan oder die Nürnberger Rostbratwürste) - um nur einige wenige zu nennen. So vereinbaren beide Partner zum Beispiel beinahe alle Zolllinien auf null zu setzen. Für die EU würden auch Zölle für japanische Autos, für Fahrräder und E-Bikes abgeschafft werden. Japan wird Zölle auf 91 Prozent der europäischen Einfuhren ab Tag eins abschaffen, nach Ende von Übergangszeiten werden insgesamt 97 Prozent der Zolllinien auf null gesenkt. Die EU und Japan haben in JEEPA auch zahlreiche nichttarifäre Maßnahmen behandelt für die teilweise schon während der laufenden Verhandlungen Lösungen gefunden wurden. In den Gesprächen wurde unter anderem über technische Anforderungen und Zertifizierungsverfahren auf japanischer Seite gesprochen, die die Ausfuhr sicherer europäischer Waren häufig erschwerten. Im Automobilbereich wird mit JEEPA zum Beispiel sichergestellt, dass sowohl Japan als auch die EU ihre Bestimmungen an dieselben internationalen Standards für Produktsicherheit und Umweltschutz angleichen. Damit gelten für europäische Kraftfahrzeuge dieselben Anforderungen in der EU und in Japan, und es sind keine erneuten Tests und Zertifizierungen für die Ausfuhr nach Japan erforderlich.

Der Güter-Freiverkehr ist durch das Abkommen geregelt. Wie sieht es mit Dienstleistungen aus?

Mit dem Abkommen sollen einige Dienstleistungsbereiche, die in der EU für private Anbieter geöffnet sind, auch für japanische Anbieter geöffnet werden. Ausgenommen davon ist unter anderem der breit gefasste Bereich der Daseinsvorsorge, da dieser in der EU und Deutschland nicht liberalisiert ist. Die Verhandlungsführer der EU haben im EU-Japan Abkommen speziell zu diesem Zweck eine horizontale Ausnahme für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge festgelegt. Die Ausnahme für die Daseinsvorsorge legt fest, dass Dienstleistungen, die auf nationaler oder örtlicher Ebene als Dienstleistungen der Daseinsvorsorge angesehen werden - wie z.B. die Wasserversorgung - durch öffentliche Monopole oder exklusiv von privaten Betreibern erbracht werden können. Für das Wasser ist zudem ein Regulierungsvorbehalt für die Zukunft festgeschrieben, so dass Bereiche der Wasserwirtschaft, die bereits aus freien Stücken ja auch in Deutschland liberalisiert worden sind, ohne Einspruch von japanischen Anbietern zurück in öffentliche Kontrolle gebracht werden können. Eine Liberalisierung der von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wird es mit der Europa-SPD prinzipiell nicht geben.

In welchen Punkten lässt das Abkommen aus Ihrer Sicht noch Fragen offen, wo gibt es Unklarheiten, unscharfe Formulierungen? Wo bleiben noch Herausforderungen?

Wie andere EU-Handelsabkommen der jüngsten Generation enthält auch JEEPA ein Nachhaltigkeitskapitel mit Verpflichtungen beider Vertragspartner in Bezug auf Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz. Die Partner garantieren die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie die Klärung von Problemen in den Bereichen Biodiversität, Forstwirtschaft und Fischerei. Neu ist ein Kapitel zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Im Bereich der Arbeitnehmerrechte sind vor allem Bemühungen zur Ratifizierung und Umsetzung der acht Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von unmittelbarer Bedeutung. Japan hat zwei der acht Kernarbeitskonventionen der ILO nicht ratifiziert (105 und 111). Hier ist erst durch die Verhandlungen und den nun beginnenden Ratifizierungsprozess Bewegung auf Seiten Japans entstanden.  Es steht außer Frage, dass die S&D einen klaren Ratifizierungsplan für diese beiden ILO-Konventionen verlangen wird. Insbesondere die Konvention 111, die Nichtdiskriminierungsvorschrift am Arbeitsplatz, muss zügig ratifiziert und umgesetzt werden. Die Europa-SPD sieht den Durchsetzungsmechanismus im Nachhaltigkeitskapitel nicht hinreichend entwickelt. Insofern stellt sich hier die gleiche Herausforderung wie in den Verhandlungen der EU mit Kanada. In CETA haben wir eine Revisionsklausel und die klare Vereinbarung beider Partner diese Revisionsklausel zur Verstärkung der Durchsetzungsmöglichkeiten zu nutzen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, hier Druck auszuüben und ein gutes Ergebnis zu erreichen.

 

 

 

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