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Griechenland: SPD fordert schnelle Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge

An der griechisch-türkischen Grenze spielen sich dramatische Szenen ab, seitdem die Türkei Geflüchtete wieder in Richtung Europa passieren lässt. Deswegen fordert die SPD schnelle, humanitäre Hilfe, vor allem für unbegleitete Kinder und Jugendliche.
von Benedikt Dittrich · 3. März 2020
Migrant*innen harren am Hafen Mytilene auf der Insel Lesbos aus, nachdem Einwohner*innen den Zugang zum Flüchtlingslager Moria blockiert hatten.
Migrant*innen harren am Hafen Mytilene auf der Insel Lesbos aus, nachdem Einwohner*innen den Zugang zum Flüchtlingslager Moria blockiert hatten.

Nachdem der türkische Ministerpräsident Erdogan angekündigt hatte, die Grenze in Richtung Europa für Flüchtlinge wieder zu öffnen, haben sich offenbar wieder tausende Menschen auf den Weg in Richtung Griechenland gemacht – die Flüchtlingslager dort waren aber schon zuvor stark ausgelastet. Seither mehren sich Berichte darüber, dass mit Tränengas auf Minderjährige geschossen wurde, griechische Einwohner*innen die Zugänge blockierten. Die Versorgungssituation für Geflüchtete an den griechischen Küsten soll katastrophal sein.

Pistorius: Seehofer muss sich bewegen

Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sprach am Montag von einem „völkerrechtswidrigen Vorgehen“ sowohl des türkischen als auch des russischen Präsidenten, für SPD-Vorstandsmitglied Boris Pistorius muss die EU ihrer humanitären Verantwortung gerecht werden: Die Sozialdemokrat*innen reagieren hart auf die Entwicklungen an der türkisch-griechischen Grenze – und nehmen dabei auch den Bundesinnenminister Horst Seehofer in die Pflicht.

Denn es gibt bereits Bundesländer und Kommunen, die zusätzlich Geflüchtete aufnehmen würden, wenn sie von dem CSU-Minister die Erlaubnis dafür bekämen. „Wir müssen jetzt etwas tun“, hatte der Niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius bereits am Montag in Berlin gefordert. „Der Bundesinnenminister muss sich bewegen!“

Die europäische Solidarität hält sich in Grenzen

Der muss nämlich zustimmen, wenn Deutschland Geflüchtete von der griechischen Grenze, unter anderem von der Insel Lesbos, aufnehmen will. Denn obwohl Kommunen sich bereits vor Monaten dazu bereiterklärt hatten, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, gibt es auf Bundesebene dazu noch keine einheitliche Entscheidung. Kommunen, die im Rahmen eines Aktionsbündnisses zu „sicheren Häfen“ für Geflüchtete erklärt hatten, warten auf die Entscheidung aus Berlin. „Die Bereitschaft ist jetzt schon da“, sagte die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Serpil Midyatli dazu.

Auch auf europäischer Ebene dürften die Kapazitäten nach Ansicht von Pistorius „locker ausreichen“, um mindestens die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aufnehmen zu können. Das Problem allerdings: Die europäische Solidarität hält sich dabei derzeit noch in Grenzen. „Wenn alle immer darauf warten, dass alle mitmachen, macht am Ende keiner etwas“, so Pistorius. Der niedersächsische Innenminister brachte als Perspektive die Möglichkeit ins Spiel, fehlende Solidarität in Europa zu sanktionieren oder mittels positiver Anreize mehr Solidarität zu erreichen.

SPD will im Koalitionsausschuss über Flüchtlingspolitik sprechen

Saskia Esken sieht den Koalitionsausschuss, der am Wochenende ansteht, auch als richtigen Ort für eine Debatte über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung – auch wenn Innenminister Seehofer selber an dem Ausschuss nicht teilnimmt. „Es ist der Ort um eine Einigkeit in der Bundesregierung herzustellen.“ Es sei notwendig die Bereitschaft der Kommunen und Länder dort hineinzutragen.

So oder so: Griechenland benötigt aus Sicht von der SPD-Spitze europäische Unterstützung bei der humanitären Versorgung an der Grenze. „Wir werden die Flüchtlingslager in dieser Form nicht mehr lange ertragen können.“ Die EU sei gefordert, den Kindern dort zu helfen. Dies sei eine erste humanitäre Maßnahme.

Derweil steigt auch der Druck aus der Bevölkerung: Für Dienstagabend sind Demonstrationen in mehreren deutschen Städten geplant, die eine schnelle, humanitäre Hilfe für die Geflüchteten an der griechisch-türkischen Grenze fordern. Mobilisiert wird unter anderem von der Initiative „Seebrücke" unter dem Hashtag „#WirhabenPlatz“, der auch darauf hinweisen soll, dass sich Kommunen und Länder bereits dazu bereit erklärt haben Menschen aufzunehmen.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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