Griechenland-Krise: Woche der Enttäuschung in Athen
Zwar ist es noch nicht amtlich, doch es wird eine Fortsetzung der Sparpolitik geben. Gestritten wird nur noch darum, wo gekürzt wird und nicht mehr ob. Damit endet einerseits die Hoffnung, dass mit dieser neuen Regierung ein besseres Ergebnis erzielt werden kann im ewigen Verhandeln um die Schuldenkrise mit den Partnern in Brüssel. Andererseits endet die Hoffnung, dass die europäischen Freunde, vor allem die der Sozialdemokratie, dieses Wahlergebnis als Hilfeschrei vieler Menschen wahrnehmen und Griechenland dabei unterstützen würden, die gescheiterte Politik der vergangenen Jahre zu korrigieren.
Griechenlands Hilferuf bleibt ungehört
Diese Hoffnung hat viel ertragen müssen seit am 26. Januar eine neue Regierung angetreten ist. Die Griechinnen und Griechen haben das Vorgehen ihrer Regierung kritisch verfolgt und oft heimlich (oder auch öffentlich) aufgestöhnt, wenn sie sich wieder einen Griff ins Fettnäpfchen erlaubt hatte. Gleichzeitig hat man ertragen, mit welcher Kaltherzigkeit der neu gewählten Regierung beinahe die gleichen Vorschläge aufgetischt wurden, die schon von der Vorgängerregierung als zu unsozial abgelehnt wurden. Man hat ertragen, dass die versprochenen Reformen von Alexis Tsipras in den Wahlkampfreden verblieben sind und irgendwann hat man sogar begonnen, auf die so gefürchtete Kanzlerin Angela Merkel zu hoffen, weil es so aussah, als würde sie sich des Ministerpräsidenten annehmen und die Sache noch zu einem guten Ende bringen.
All das ist vorbei, seit man am letzten Montag die Vorschläge der Regierung gesehen hat. Es soll weiter gekürzt werden, und zwar meist da, wo auch in den vergangenen Jahren das Messer angelegt wurde. Bei Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und den Arbeitgebern, denn die Sozialbeiträge werden wieder erhöht. Auch die Rentner werden wieder zur Kasse gebeten, ihre Beiträge zur Krankenversicherung sollen ebenfalls wieder ansteigen, gleichzeitig soll das Renteneintrittsalter angehoben und das System der Frühverrentung beendet werden.
Zahl der Armen geht in Millionenhöhe
Der Fokus der neuen Regierung drückt sich darin aus, dass reichere Griechen (ab einem Jahreseinkommen von 30 000 Euro) künftig eine höhere Solidarsteuer bezahlen sollen, je weiter das Einkommen steigt, desto höher dieser Beitrag. Und auch Unternehmen werden zusätzlich belastet, bei einem Gewinn von mehr als 500 000 Euro werden zwölf Prozent Sondersteuer fällig.
Viele erkennen an, dass Tsipras die Lasten künftig stärker auf die Reicheren verteilen will. Dennoch fühlen sie sich von der Richtung des Kompromisses erdrückt. Die von zahlreichen Ökonomen notwendige Schuldenrestrukturierung wird ad calendas graecas, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt, das Junckersche Investitionsprogramm bleibt eine Ankündigung für die Zukunft.
Enttäuschung belastet Veränderungen im Land
In der Gegenwart dominiert der Kurs, der in den vergangenen fünf Jahren dafür gesorgt hat, dass Griechenland mehr als 25 Prozent Arbeitslosigkeit verzeichnet – bei jungen Menschen liegt die Quote über 50 Prozent – und die Zahl der Armen inzwischen in die Millionenhöhe geht. Der relativ geschonte öffentliche Dienst bleibt weiterhin geschützt und von den ursprünglichen Reformplänen der Regierung Tsipras im Bereich Steuern, Verwaltung und Gesundheit sind nur noch die Ankündigungen übrig.
Diese Woche der Verhandlungen in Brüssel wird als Woche der Enttäuschungen in Athen erlebt. Der Frust und die Wut darüber richten sich nicht nur gegen Europa und den IWF, sie richten sich auch gegen die eigene Regierung. Das macht es aber nur noch schwerer, künftig in Athen eine Perspektive sichtbar werden zu lassen. Diese Enttäuschung wird jeden Versuch der Veränderung des Landes belasten und jede Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation mit einem schweren Ballast versehen. Von Athen aus sieht die Welt momentan sehr düster aus.
leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in London. Zuvor leitete er das Büro der Stiftung in Athen und in Brüssel.