International

Gabriel: Europa braucht mehr Wachstum

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert stärkere Anstrengungen in Europa für mehr Wachstum und Arbeitsplätze. Die deutsche Erfahrung mit der Agenda 2010 zeige: „Sparen allein reicht nicht.“
von Lars Haferkamp · 23. Februar 2015
placeholder

Fälscherlicherweise und zu lange sei in der EU von einem Stabilitätspakt die Rede gewesen, so Gabriel heute auf einer Europakonferenz im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Tatsächlich handele es sich aber um einen „Stabilitäts- und Wachstumspakt“. Es gehe darum, notwendige Strukturreformen und Investitionen miteinander zu verbinden. Diese Debatte müsse gerade auch in Deutschland geführt werden.

Gabriel erinnerte an die erfolgreichen Reformen der Regierung Schröder. 2003 hätten sowohl Deutschland als auch Frankreich die Maastricht-Kriterien verfehlt. Doch während die Bundesrepublik mit der Agenda 2010 zugleich Reformen durchgesetzt habe, gab es in Frankreich „nur neue Schulden“. Die deutsche Erfahrung zeige: „Sparen allein reicht nicht aus.“ Man müsse reformieren und zugleich investieren. Hätte die Bundesregierung im Jahr 2003 zu den Reformen auch noch 20 Milliarden Euro eingespart, um die Maastricht-Kriterien einzuhalten, wären die Widerstände so groß geworden, dass am Ende weder die Reformen noch die Haushaltskonsolidierung gelungen wären.

Lob für EU-Kommission

Der Vizekanzler begrüsste ausdrücklich die Pläne der EU-Kommission, durch eine neue Flexibilität in der Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes mehr Investitionen zu erreichen. Wichtig sei jedoch, dass in höhere Wettbewerbsfähigkeit investiert werde, wie zum Beispiel in Hochtechnologie. Man brauche nicht die dritte Autobahn neben der zweiten.

Gabriel kritisierte, der Stabilitäts- und Wachstumspakt sei „sehr präzise“ hinsichtlich des Defizitabbaus in den Haushalten, aber „sehr allgemein“ und „unverbindlich“ in Fragen des Wachstums. Der Wirtschaftsminister schlug „Mindestgrößen für Wachstumsinvestitionen“ vor, um hier Abhilfe zu schaffen.

Die EU ist mehr als nur ein Markt

„Europa ist mehr als Markt und Euro“, betonte Gabriel. Schon der frühere Kommissionspräsident Jacques Delors habe einmal treffend gesagt: „Niemand verliebt sich in einen Binnenmarkt.“ Gegenwärtig würden Betriebswirte den Diskurs über Europa dominieren, kritisierte Gabriel.

Europa sei aber viel mehr. Etwa die einzigartige Idee vom friedlichen Zusammenleben der Menschen und Völker, die Idee der Befreiung von Ressentiments und Vorurteilen. „Wo die friedensstiftende Kraft der EU nicht wirksam ist, ist der Frieden nicht sicher“, sagte Gabriel mit Blick auf den Ukraine-Krieg.

Optimismus in der Griechenland-Frage

In der Griechenland-Krise zeigte sich Gabriel „vorsichtig optimistisch“, dass es zu einer einvernehmlichen Lösung aller Beteiligten kommen werde. Die neue Regierung in Athen erkenne mittlerweile an, „dass Fairness und Solidarität keine Einbahnstraße“ seien. „Wir wollen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt“, stellt der Minister klar.

Nicht Europa sei schuld an der griechischen Krise, sondern die jahrzehntelange Vetternwirtschaft in Griechenland. Gabriel begrüsste die Anstrengungen Athens, den Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung zu intensivieren. Der Vorgängerregierung bescheinigte er darüber hinaus „beachtliche Fortschritte“ bei der Haushaltssanierung und der Steigerung des Wirtschaftswachstums.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare