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Frankreich atmet zunächst auf nach Le Pens Niederlage

Der rechtspopulistische Front National konnte bei den Regionalwahlen in Frankreich keine Region gewinnen. Die Sozialisten, die ihre Kandidaten zurückzogen, verhinderten einen Sieg des FN. Doch Premierminister Manuel Valls warnt: „Die Gefahr ist nicht gebannt.“
von Christine Longin · 14. Dezember 2015
Aufatmen in Paris: Die Front Nationale scheiterte klar bei den Regionalwahlen
Aufatmen in Paris: Die Front Nationale scheiterte klar bei den Regionalwahlen

Verloren haben wohl alle in der zweiten Runde der Regionalwahlen in Frankreich. Die Konservativen, die nur mit Hilfe der Sozialisten sieben Regionen gewannen.  Die Sozialisten (PS), die künftig nur in fünf Regionen regieren und der Front National, der nach einer erfolgreichen ersten Runde keinen einzigen Regionalpräsidenten stellt. Doch auch wenn die Partei von Marine Le Pen leer ausging, ist sie die einzige, deren Dynamik anhält. „Trotzdem Sieger“ schreibt das linksgerichtete Magazin „Express“ zum Ergebnis des Front National. Von einer „siegreichen Niederlage“ spricht der zum FN-Lager gehörende Abgeordnete Gilbert Collard.

Der Rückzug der regierenden Sozialisten in drei Regionen hatte den Sieg des FN verhindert. Im Norden gewann so der konservative Ex-Minister Xavier Bertrand mit 58 Prozent gegen Marine Le Pen mit 42 Prozent. In der Mittelmeerregion Provence-Alpes Côte d’Azur (PACA) setzte sich der konservative Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, mit 55 zu 45 Prozent gegen Le Pens Nichte Marion durch. Auch in der Region Elsass-Lothringen-Champagne-Ardenne siegte der konservative Kandidat Philippe Richard vor FN-Vize Florian Philippot. Dort hatten die Sozialisten zur Wahl Richerts aufgerufen, nachdem der sozialistische Bewerber Jean-Pierre Masseret nicht verzichten wollte.

Kursdebatte bei Sozialisten und Konservativen

Zum Jubel sahen die Sozialisten allerdings am Wahlabend keinen Anlass. „Die Gefahr ist nicht gebannt“, warnte der sozialistische Regierungschef Manuel Valls, der im Wahlkampf vor einem Votum für den FN gewarnt und dafür sogar das Szenario eines Bürgerkriegs heraufbeschworen hatte. Von einem „Erfolg ohne Freude“ sprach Parteichef Jean-Christophe Cambadélis, der noch am Wahlabend eine Richtungsdebatte lostrat. Er forderte eine „Kursänderung“ in den 18 Monaten bis zur Präsidentschaftswahl, um die „Einheit der Linken“ wiederherzustellen, die 2012 Präsident François Hollande zum Sieg verholfen hatte.

Im Großraum Paris, wo Parlamentspräsident Claude Bartolone die Unterstützung von Linksfront, Grünen und Kommunisten hatte, reichte es trotzdem nicht für einen Sieg des PS: In der mit zwölf Millionen Menschen bevölkerungsreichsten Region Frankreichs gewann die konservative Kandidatin Valérie Pechesse. Auch die Konservativen stritten schon am Montag um den richtigen Kurs. „Radikalismus führt nicht weiter“, sagte der frühere Minister Bruno Le Maire im Radiosender France Inter. Parteichef Nicolas Sarkozy hatte sich mit einem stramm rechten Kurs den Wählern des FN angebiedert. Es sei nicht „unmoralisch“, für den FN zu stimmen, hatte der Ex-Präsident auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt.

FN trotzdem gestärkt

„Der FN hat die Regionalwahlen wahrscheinlich am besten gemeistert“, urteilte der Meinungsforscher Brice Teinturier. Le Pen gehe gestärkt aus den Wahlen hervor. Auch wenn sie keine Region gewannen, verdreifachten die Rechtspopulisten mit ihrem aggressiven Anti-Einwanderungskurs die Zahl ihrer Regionalräte. Auch in absoluten Zahlen legte der FN zu: nach 6,5 Millionen Wähler, die Marine Le Pen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen 2012 gewann, stimmten am Sonntag 6,8 Millionen Franzosen für ihre Partei.

„Es gibt keine gläserne Decke“, sagte Marion Maréchal-Le Pen, die in ihrer Region das beste Ergebnis für den FN verbuchte. Allerdings gelang es ihr schon wie bei den Departementswahlen im Frühjahr nicht, sich gegen die Allianz aus Republikanern und Sozialisten durchzusetzen.„In einem Wahlsystem, wo Koalitionen gebildet werden müssen, um zu gewinnen, bleiben die Frontisten völlig isoliert. Deshalb ist im Falle von Zweikämpfen ihr Sieg außer Reichweite“, sagte der FN-Experte Joël Gombin der Zeitung „Libération“. Eine Analyse, die auch für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen 2017 gelten dürfte. In der Stichwahl sehen Marine Le Pen aber alle Umfragen.

Autor*in
Christine Longin

Christine Longin begann ihre journalistische Laufbahn bei der Nachrichtenagentur AFP, wo sie neun Jahre lang die Auslandsredaktion leitete. Seit vier Jahren ist sie Korrespondentin in Frankreich, zuerst für AFP und seit Juli für mehrere Zeitungen, darunter die Rheinische Post.

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