„Fit for 55“: Die wichtigsten Punkte im EU-Gesetzespaket für das Klima
Florian Gaertner/photothek.net
Jetzt wird der „Green Deal“ konkret: Am Mittwochmittag stellte die EU-Komission ihr „Fit for 55“-Paket vor. Es sind die Gesetzesvorschläge, die den „Green Deal“ konkret machen sollen, die die Klimaziele zu konkreten Vorgaben und Verpflichten machen sollen, für die Mitgliedsstaaten, Unternehmen, bis hin zu den Bürger*innen. „Das Ergebnis spricht für sich“, sagte Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Iihr Stellvertreter Frans Timmermans, bei der Erarbeitung des „Green Deals“ federführend, nannte das Gesetzespaket „episch“. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Vorschläge ans Ziel führen werden und so in der Zukunft auch Kriege um Wasser oder Essen vermieden werden könnten. „Der Rest der Welt schaut auf uns“, erinnerte der Sozialdemokrat.
Die wichtigsten Punkte des Gesetzespakets „Fit for 55“:
Verkehr: Abschied vom Verbrennungsmotor
Die EU-Kommission will sich vom Verbrennungsmotor verabschieden und setzt dem auch ein Datum: 2035 soll kein Auto mehr zugelassen werden dürfen, das CO2 ausstößt, was de facto das Ende von Benzin- und Dieselmotoren im Individualverkehr besiegeln würde.
Bis es soweit ist und solche Fahrzeuge auch komplett von der Straße verschwinden, sollen die CO2-Emissionen aber bereits deutlich sinken. Bis 2030 sollen neu zugelassene Fahrzeuge schon deutlich weniger CO2 ausstoßen, der Anteil an emissionsfreien E-Autos dürfte dann bereits stark steigen. Auch der Anteil von Bio- oder synthetischen Kraftstoffen im Schiff- und Flugverkehr soll erhöht werden, um auch in dem Bereich mittelfristig bereits Emissionen zu senken.
Handel: Mit Klimazoll gegen Wettbewerbsnachteile
Während es für den Kampf gegen den Klimawandel egal ist, wo CO2-Emissionen entstehen oder vermieden werden, spielt das für die EU durchaus eine Rolle. Denn wie in anderen Ländern der Welt produziert wird, darauf haben die europäischen Behörden nur geringen Einfluss. Unternehmen, die in Europa klimafreundlich produzieren, sollen deswegen geschützt werden. Günstigere, aber klimaschädlich produzierte Ware aus dem Ausland soll mit einer zusätzlichen Steuer belegt werden – einer Art Klimazoll, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Andersherum sollen Exporte dadurch auch günstiger werden. Gedacht ist das „CBAM“ genannte Instrument zunächst für die energieintensive Produktion von beispielsweise Stahl
Der Emissionshandel (ETS), also die Zertifikate, die Unternehmen kaufen müssen, wenn sie CO2 ausstoßen wollen, soll stärker als geplant verknappt werden – was zur Folge hat, dass der Preis der Zertifikate schneller steigt, CO2-Emissionen also schneller teurer werden. Das ETS-System soll künftig auch auf den Luft- und Schifffahrtsverkehr ausgeweitet werden, während parallel ein weiteres ETS-System für Verkehr und Gebäude eingeführt wird. Fossile Energieträger zum Heizen und Tanken dürften dann also ebenfalls teurer werden – wie das beim CO2-Preis in Deutschland bereits seit Beginnd es Jahres der Fall ist.
Energie: Bis Kohlestrom zu teuer wird
Ein Großteil der CO2-Emissionen fällt nach wie vor bei der Stromerzeugung an – laut Kommission nämlich rund drei Viertel aller Emissionen. Um den Anteil deutlich zu senken, soll der Anteil Erneuerbarer Energien massiv erhöht werden. 2030 sollen bereits 40 Prozent der Energie aus Wind, Wasser, Photovoltaik und Bioenergie gewonnen werden, gleichzeitig soll der Energieverbrauch gesenkt werden, indem beispielsweise Gebäude saniert werden.
Darüber hinaus dürfte, so jedenfalls der Plan der EU-Kommission, der CO2-Emissionshandel die fossile Stromproduktion schnell unrentabel machen. Denn der Betrieb von Kohlekraftwerken wird teurer, wenn die CO2-Zertifikate teurer werden, während für Windparks oder Photolvoltaik-Anlagen keine Zertifikate gekauft werden müssen.
Gerechtigkeit: Ausgleich über Klima-Sozialfonds
Unabhängig vom System, ob Emissionshandel in Europa oder CO2-Preis in Deutschland – in beiden Fällen werden dadurch auch Verbraucher*innen direkt belastet. Die EU kann diese Belastungen der Bürger*innen nicht direkt ausgleichen, da die Mitgliedsstaaten ihre Sozialpolitik souverän gestalten. Allerdings soll aus den Einnahmen des Emissionshandels ein Klima-Sozialfonds aufgelegt werden. Das Geld aus diesem Topf soll sowohl bedürftigen Bürger*innen als auch den Mitgliedsstaaten selbst zur Verfügung stehen, die stärker von den Veränderungen betroffen sind als andere und die Kosten der Transformation nicht aus eigener Kraft stemmen können.
Da die Verhandlungen über die Einzelmaßnahmen erst beginnen – Parlament und Mitgliedsstaaten müssen den Vorschlägen der EU-Kommission zustimmen – mahnen Sozialdemokrat*innen schon jetzt vor einer fairen Lastenverteilung beim Klimaschutz.