Faeser: Historische Einigung zur Aufnahme von Flüchtenden aus Ukraine
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist hoch zufrieden: Die Innenminister*innen der EU haben am Donnerstag einstimmig eine Einigung erzielt zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine. „Erstmals nehmen alle Staaten der EU gemeinsam, schnell und unbürokratisch aus dem Krieg geflüchtete Menschen auf“, betont Faeser in einem Pressestatement nach dem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. „Die Richtlinie, die nach den Balkan-Kriegen für einen solchen Fall geschaffen wurde, wenden wir erstmals an.“ Die Bundesinnenministerin nennt dies „eine historische Einigung, die bis vor wenigen Tagen kaum denkbar gewesen wäre“.
Konkret bedeutet dies laut Faeser, dass Geflüchtete aus der Ukraine einen vorübergehenden Schutz in der EU für ein Jahr erhalten. Dieser kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden. Diese Regel gilt auch für Menschen aus Drittstaaten, die in der Ukraine mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus gelebt haben. Sie brauchen damit kein Asylverfahren zu durchlaufen. Das Recht, einen Asylantrag zu stellen, besteht jedoch unvermindert weiter. Bisher galt die Regelung, dass ukrainische Staatsangehörige nur für bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen visumfrei in den EU-Schengen-Raum – und damit auch nach Deutschland – einreisen dürfen.
Nacy Faeser: „Wir Europäerinnen und Europäer helfen gemeinsam“
„Der menschenverachtende und verbrecherische Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine verursacht schreckliches Leid“, sagt Innenministerin Faeser. „Angesichts dieses Schreckens rücken wir in Europa enger zusammen. Wir Europäerinnen und Europäer helfen gemeinsam den Kindern, Frauen und Männern, die vor dem entsetzlichen Krieg Schutz und Zuflucht suchen.“
Die Ministerin kündigt an, „jetzt schnellstens die praktische Umsetzung in Deutschland“ zu regeln. Darüber sei sie mit den Bundesländern in engem Kontakt. Damit werde auch sichergestellt, dass für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Krankenversicherungsschutz und Zugang zum Arbeitsmarkt bestehe.
EU rechnet mit massiver Fluchtbewegung
Die Anwendung der EU-Richtlinie soll auch eine Überlastung der für Asylanträge zuständigen Behörden verhindern. Ihre Aktivierung muss noch vom der Rat der EU formell beschlossen werden. Das wird voraussichtlich in der nächsten Woche geschehen, wenn die Staats- und Regierungschefs der EU wieder zusammentreffen.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson rechnet wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit einer massiven Fluchtbewegung: „Wir müssen uns auf Millionen Flüchtlinge vorbereiten, die in die Europäische Union kommen.“ Alleine im ukrainischen Nachbarland Polen haben bislang bereits über eine halbe Million Menschen Zuflucht gesucht. Auch in Ungarn und der Republik Moldau, die nicht Mitglied der EU ist, halten sich viele Geflüchtete auf. Johansson lobt die umfassende Hilfe, die von den Bürger*innen in den EU-Staaten für Flüchtende gegenwärtig geleistet wird. „Dies ist wirklich ein Moment, um stolz darauf zu sein, Europäer zu sein.“
Tausende Geflüchtete in Deutschland
In Deutschland sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums bislang knapp 10.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Diese Zahl steigt in den vergangenen Tagen deutlich an. So hat sie sich von Mittwoch auf Donnerstag fast verdoppelt. Da an den deutschen Grenzen zu EU-Staaten, wie etwa zu Polen, keine Grenzkontrollen stattfinden, „kann die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits wesentlich höher sein“, so das Bundesinnenministerium.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) sieht die Kommunen „gut vorbereitet“ auf die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter. Das sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Interview mit der Demokratischen Gemeinde (DEMO). Auch die Erstaufnahme laufe derzeit gut. „Wir sehen auch eine beeindruckende Solidarität der Bevölkerung, gerade was Sachspenden und auch die Aufnahmebereitschaft angeht.“ Für Landsberg kommt es darauf an, dass die Bundesländer die Möglichkeit zur Aufnahme von Beschäftigung schaffen. „Wir müssen hier möglichst schnell agieren können.“
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