Europawahlkampf: So funktionieren Desinformationskampagnen
Damit Wähler*innen die Seriosität von Informationen im Internet besser einschätzen können, erklärt das Europäische Parlament auf seinem YouTube-Kanal, wie Desinformationskampagnen funktionieren und wie man sie erkennt. Wir geben eine Übersicht über die wichtigsten Punkte.
IMAGO / Christian Ohde
Im digitalen Raum verbreitet sich Desinformation besonders schnell.
Wenige Wochen vor der Europawahl ist der Wahlkampf in vollem Gange. Die Kampagnen der verschiedenen Parteien sind vielerorts zu sehen und erste Wahlbenachrichtigungen wurden bereits versandt. Doch dieses Jahr ist die politische Lage angespannt – vermehrt wird über Angriffe auf Wahlhelfer*innen und Politiker*innen berichtet, und im Bereich sozialer Medien steht vor allem ein Begriff immer wieder im Raum: Desinformation.
Doch was hat es damit eigentlich genau auf sich? Desinformation – also gezielt verbreitete Falschinformationen – soll den politischen Diskurs zu manipulieren, Unmut über aktuelle Verhältnisse zu verstärken und so das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen zu schwächen. In sozialen Medien lässt sich Desinformation besonders schnell verbreiten – oftmals stecken orchestrierte Kampagnen von politischen Akteuren im In- oder Ausland dahinter.
Gefahr für die Europawahl
Für die Demokratie geht eine große Gefahr von Desinformationskampagnen aus, denn meist sind es antidemokratische Kräfte, die von derartigen Kampagnen profitieren. Um Wähler*innen vor der Europawahl für das Thema zu sensibilisieren, erklärt das Europäische Parlament auf seinem YouTube Kanal, wie Desinformation genau funktioniert und wie man sich davor schützen kann.
Das Spiel mit den Emotionen
Desinformationskampagnen setzen vor allem auf eines: Emotionen. Insbesondere in sozialen Medien verbreiten sich Beiträge besonders schnell, die starke emotionale Reaktionen bei Nutzer*innen hervorrufen. Um solche Reaktionen zu erzielen, werden Fakten oftmals verkürzt und zugespitzt dargestellt – eine ausgewogene Darstellung von Informationen wird hierbei meist bewusst vernachlässigt.
Insbesondere, wenn man auf zugespitzte Überschriften und emotional aufgeladene Sprache stoße, solle man die Informationen mit Distanz betrachten, rät das Europäische Parlament. Dasselbe gelte für überraschende oder schockierende Bilder und Videos. In solchen Situationen solle man sich fragen, wie man diese Information wahrnehmen würde, wenn man sie persönlich erzählt bekäme. Alles, was man persönlich unglaubwürdig fände, solle man auch online zunächst mit Vorsicht genießen, so heißt es im Video des Parlaments.
Polarisierung der eigenen Wahrnehmung
Eine weitere Taktik von Desinformationskampagnen ist, ausschließlich extreme Positionen darzustellen. Dabei werden moderate Positionen immer weiter verdrängt, sodass sie auch aus der Wahrnehmung der Menschen verschwinden. Der Fokus wird damit immer mehr auf die Unterschiede zwischen verschiedenen Perspektiven gelenkt, was den Glauben entstehen lässt, dass sie wesentlich größer, wenn nicht sogar unüberbrückbar seien.
Das kann dramatische Konsequenzen für die Debattenkultur und die Demokratie haben, da Kompromisse, Lösungen und Fortschritt so auf den verschiedensten Ebenen quasi unmöglich werden. So wiederum wird das Vertrauen in die Demokratie beschädigt und werden Frust und Wut im schlimmsten Fall so sehr befeuert, dass sie in Gewalt kippen.
Das Europäische Parlament rät: Wenn man eine polarisierte Debatte beobachte, in der nur extreme Randansichten vertreten seien, solle man sich immer die Frage stellen, ob es möglicherweise Perspektiven gäbe, die hier keinen Raum erhalten. Auch sei es wichtig, mit Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zu sprechen und dabei die Gemeinsamkeiten zu suchen, neugierig zu bleiben und offen in Diskussionen zu treten.
Vorsicht vor Informationsflut
Das sogenannte „Flooding“, also wörtlich die Flutung mit Informationen ist ein beliebtes Vorgehen in Desinformationskampagnen. Dabei werden viele gegensätzliche Informationen zu einem Sachverhalt verbreitet, was Zweifel und Verwirrung in Menschen auslösen soll. Insbesondere während Krisen, Katastrophen oder Wahlen wird „Flooding“ oft verwendet, um eine Debatte zu kontrollieren.
Und auch langfristig berge „Flooding“ gefährliche Risiken, so erklärt das Europäische Parlament im Video: Wenn Gegensätze, Zweifel und Verwirrung dominieren, könne dies dazu führen, dass die Existenz objektiver Fakten in Frage gestellt werde. Das wiederum wirke sich negativ auf das Vertrauen in Medien und demokratische Institutionen und Demokratien destabilisieren.
Der beste Schutz davor, so rät das Europäische Parlament: Informationen von seriösen Quellen oder Faktencheck-Services. In Deutschland können Angebote wie die von correctiv oder der Tagesschau dabei helfen.
Auf rationale Wahrnehmung besinnen
Desinformationskampagnen nutzen die emotionalen Reaktionen von Menschen aus, um die Demokratie zu destabilisieren. Umso wichtiger ist es vor Wahlen, Informationen mit einer gesunden Distanz zu betrachten und sich stets auf die eigene, rationale Wahrnehmung zu besinnen.