Europawahl: Timmermans für mehr Gerechtigkeit und Gleichstellung
Dirk Bleicker
Auf Wohnen werde er ganz oft angesprochen, sagte Frans Timmermans am Montag vor Journalisten in Berlin. „Die Leute haben noch nie so unmittelbar ihr eigenes Schicksal mit Europa verbunden wie heute.“ Die Wählerinnen und Wähler verknüpften ihre persönlichen Interessen viel stärker mit Europa als früher, beobachtet der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten für die bevorstehende Europawahl. Deswegen gehe es mehr denn je darum, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen.
Die Sozialdemokratie stärken
Große Konzerne, die ihre Gewinne in Europa erzielten, müssten entsprechend Steuern zahlen, und es müsste dafür gesorgt werden, dass alle „Jobs gut bezahlt werden“, umriss Timmermans einige seiner politischen Ziele. Schon am Morgen beteiligte er sich an einer Aktion der deutschen Sozialdemokratie für gleiche Bezahlung von Frauen und Männer anlässlich des Equal Pay Day. Die Politik müsse wieder mehr Sicherheit und Zuversicht geben, betonte der Niederländer – auch im Hinblick auf das Anwachsen von rechtsradikalen Kräften in der Europäischen Union, „damit die Leute nicht glauben, wir brauchen neue Nationalismen“. Vielmehr sei es wichtig, die europäische Sozialdemokratie zu stärken. „Da sehe ich Potential“, sagte er und nannte Länder wie Spanien, Italien und Portugal, aber auch Finnland und Schweden.
Keine Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen
Um nach der Wahl Kommissionpräsident zu werden, setzt Timmermans „auf eine Mehrheit von progressiven Kräften“ im Europäischen Parlament. Wer alles dazu gehört, definierte er nicht genauer, schloss aber klipp und klar eine Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Parteien aus. Mit einem Zusammengehen von beispielsweise Grünen, Linken und Sozialdemokraten wäre auch der informellen großen Koalition von EVP und S&D-Fraktion im Straßburger Parlament ein Ende gesetzt.
Kämpfer für Rechtsstaatlichkeit
Dass Timmermans Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Ländern für nicht verhandelbar hält, machte er an den Beispielen Polen und Rumänien deutlich. Schon in der Vergangenheit legte sich der 57-Jährige immer wieder mit der rechtskonservativen Regierung in Polen an und kümmerte sich als Erster Vizepräsident und EU-Kommissar um das Rechtsstaatsverfahren gegen das Land. Auf Rumänien angesprochen, wo die sozialliberale Regierung die Korruptionsbekämpfung auszubremsen versucht, sagte er: „Für mich ist klar, dass eine Partei, die keine Korruptionsbekämpfung betreiben will, nicht zur sozialdemokratischen Familie gehört. Timmermans kündigte an: „Wenn es uns nicht gelingt, die Lage in Rumänien zu lösen, werden wir als Sozialdemokraten Konsequenzen ziehen.“
Der europäische Spitzenkandidat wird bis zum Wahltag am 26. Mai auch im deutschen EU-Wahlkampf noch verschiedentlich auftreten.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.