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Euro-Rettung verboten?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor zwei Jahren das Auseinanderbrechen des Euro verhindert - mit möglicherweise rechtswidrigen Mitteln. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhandelte an diesem Dienstag, ob die EZB damals die Grenzen ihrer Befugnisse überschritten hat.
von Christian Rath · 15. Oktober 2014
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Stark verschuldete Staaten, wie Irland und Griechenland, mussten im Sommer 2012 deutlich höhere Zinsen für ihre Staatsanleihen zahlen als etwa Deutschland. Auf den Finanzmärkten spekulierten viele auf ein Ausscheiden der hochverschuldeten Staaten aus der Euro-Zone und damit auf ein Scheitern der Währungsunion. In dieser dramatischen Situation erklärte EZB-Chef Mario Draghi, die EZB werde den Euro retten, "koste es, was es wolle". Im September 2012 kündigte die EZB dann an, sie werde in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen von gefährdeten Staaten aufkaufen. Schon diese Ankündigung führte dazu, dass die Zinszuschläge deutlich zurückgingen. Der Euro war gerettet.

In Deutschland klagten jedoch die üblichen Euro-Skeptiker von Peter Gauweiler (CSU) bis zur Linksfraktion gegen das EZB-Programm. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich ihnen im Februar 2014 faktisch an. Das Ankaufprogramm sei eine "offensichtliche Kompetenzüberschreitung" der Bank, so die Karlsruher Richter, weil die EZB nur für Preisstabilität und nicht für Wirtschaftspolitik zuständig sei. Da die Auslegung des EU-Rechts aber Sache des EuGH ist, legte Karlsruhe diesem die Rechtsfrage vor - ein Novum in der langen Geschichte des Verfassungsgerichts.

Dietrich Murswiek, der Rechtsvertreter von Gauweiler, griff in Luxemburg die EZB frontal an. Der Ankauf von Staatsanleihen sei eine "monströse Kompetenzanmaßung". "Die EZB macht aus der Währungsunion eine Schuldenunion, ohne die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu fragen", betonte Murswiek.

EZB-Vertreter Hans-Georg Kamann verteidigte das Ankaufprogramm. Damals hätten die Märkte von manchen Staaten irrationale Zinszuschläge gefordert, weshalb die Zinssenkungen der EZB verpufften. Die EZB habe mit dem Ankaufprogramm nur dafür gesorgt, dass sie wieder normale Geldpolitik betreiben kann. Murswiek hält diese geldpolitische Argumentation allerdings für "vorgeschoben".

Der EuGH muss nun entscheiden, was der eigentliche Zweck des EZB-Programms war. Wenn damals die Euro-Rettung das Hauptziel war, wäre dies Wirtschaftspolitik und damit jenseits der Kompetenz der EZB. War die Absicht aber die Sicherung stabiler Preise (und der Euro wurde nur so nebenbei gerettet), dann wäre alles in Ordnung.

Die Aufgabe ist knifflig, denn das Bundesverfassungsgericht hat im Februar angekündigt, es werde das EuGH-Urteil mit Verweis auf die deutsche "Verfassungsidentät" missachten, wenn es nicht überzeugend ausfällt.

Vermutlich wird der EuGH einem Lösungsvorschlag der EU-Kommission folgen. Danach dürfte die EZB auch künftig Staatsanleihen der EU-Staaten kaufen - für Zwecke der Geldpolitik. Es müsse jedoch wirksam ausgeschlossen werden, dass solche Programme heimlich zur Staatsfinanzierung genutzt werden. So solle sich kein Staat darauf verlassen können, dass die EZB seine Anleihen aufkauft, kein Investor soll vertrauen können, dass er riskante Anleihen am Ende bei der EZB los wird. Risikostaaten sollen auch in Zukunft höhere Zinsen zahlen - nur eben nicht irrational hohe Zinsen.

Das EuGH-Urteil wird im Frühjahr nächsten Jahres erwartet. Zuvor wird am 14. Januar der unabhängige EuGH-Generalanwalt seine Empfehlungen aussprechen.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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