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EU-Parlament wählt David-Maria Sassoli zum Präsidenten

Das Europaparlament hat abgestimmt: Die Abgeordneten wollen den italiener David-Maria Sassoli als Parlamentspräsidenten. Damit folgen sie dem Vorschlag des Europäischen Rats. Die Europa-SPD will aber weiterhin Ursula von der Leyen nicht als Kommissionspräsidentin.
von Benedikt Dittrich · 3. Juli 2019

Der Italiener David-Maria Sassoli wurde zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Am Mittwoch wählte das Parlament in Straßburg den Sozialisten an die Spitze. Die Abgeordneten folgen damit dem Vorschlag des Europäischen Rats, der zu Beginn der Woche den Italiener für das Parlament vorgeschlagen hatte. Bei dem Gipfel wurde auch Ursula von der Leyen als Kommissions-Chefin und die Französin Christine Lagarde als Chefin der Europäischen Zentralbank vorgeschlagen. Kritiker riefen den Staats- und Regierungschefs danach eine Missachtung der eigenen Prinzipien vor. Denn als Spitzenkandidaten standen im Mai andere Personen zur Wahl, Ursula von der Leyen spielte im Europawahlkampf der CDU keine Rolle. Die eigentlichen Kandidaten, Manfred Weber von der CSU für die Konservativen und Frans Timmermanns für die Sozialdemokraten, fanden aber unter den Regierungschefs, die die Kandidaten für die Kommissionspräsidentin vorschlagen, keine Mehrheit. Ergebnis war eine tagelange Debatte über die Postenverteilung zwischen den Staatsoberhäuptern, Widerstand gab es vor allem von europakritischen Regierungen.

Journalist, Sozialist, Italiener

Der 63-jährige Sassoli sitzt seit 2009 im EU-Parlament, er gehört der Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament S&D an. Vor seiner politischen Karriere war der aus Florenz stammende Journalist für verschiedene Zeitungen, später auch für das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm in Italien tätig. Thematisch beschäftigte er sich unter anderem mit den Strukturen der Mafia und organisierter Kriminalität. Politisch spielte der Italiener bisher keine große Rolle, trat selten in Erscheinung. In seiner Bewerbungsrede am Mittwoch sagte er, er wolle das Parlament zum "Haus der europäischen Demokratie" machen, betonte die Unabhängigkeit des Parlaments.

325 Abgeordnete stimmten im ersten Wahlgang für ihn, es fehlten nur sieben Stimmen zur absoluten Mehrheit von 332. Im zweiten Wahlgang reichte es dann aber für David-Maria Sassoli: Er wurde mut 345 Stimmen gewählt. Ebenfalls zur Wahl standen Ska Keller, Europaabgeordnete der deutschen Grünen sowie die Spanierin Sira Rego für die Linken und der Tscheche Jan Zahradil von der nationalkonservativen EKR. Gewählt wird der Parlamentspräsident zunächst nur für 2,5 Jahre, danach ist ein Wechsel abgemacht. Auf den sozialdemokratischen Kandidaten soll dann der Favorit der Konservativen Fraktion EVP Manfred Weber folgen.

“Von der Leyen bekommt unsere Stimmen nicht“

Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Gruppe innerhalb der europäischen Sozialdemokraten S&D, gratulierte Sassoli zur Wahl: „Dieses Haus hat nun einen starken Sprecher und eine gewählte Struktur, sodass wir mit der Arbeit der nächsten fünf Jahre beginnen können." Mit der Bildung einer progressiven Mehrheit müsse es nun gelingen, Europa voranzubringen. Eines der ersten Ziele sei die Verankerung der UN-Nachhaltigkeitsziele in europäischen Gesetzen. „Ein ambitionierter und sozial verträglicher Klimawandel, eine humane Migrationspolitik, eine gerechte Steuerpolitik und ein europaweiter Mindestlohn – mit all diesen sozialdemokratischen Kernforderungen verfolgen wir eine Politik, die einen nachhaltigen Wandel einläutet", so Jens Geier.

Unabhängig von der Wahl von Sassoli betonte Geier aber die Unabhängigkeit des Parlaments vom Europäischen Rat. „Für die Europa-SPD ist klar: Frau von der Leyen bekommt unsere Stimmen für ihre Wahl als Präsidentin der Kommission nicht.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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