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EU-Lieferkettengesetz: Warum Sanktionen gegen Unternehmen dazugehören

In Brüssel laufen die Arbeiten an einem EU-Lieferkettengesetz auf Hochtouren. Opfer und Betroffene müssen die Möglichkeit haben auch vor europäischen Gerichten für ihr Recht zu streiten, fordert der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange.
von Vera Rosigkeit · 1. Februar 2021

Anfang Dezember haben sich erstmals alle 27 EU-Mitgliedstaaten auf die Ratsschlussfolgerungen „Menschenrechte und gute Arbeit in globalen Lieferketten“ verständigt. Wie ist aktuell der Stand der Dinge?

In Brüssel laufen die Arbeiten an einem EU-Lieferkettengesetz auf Hochtouren. Anders als in Deutschland, wo ich das Gefühl habe, dass das ganze Projekt seit Monaten auf der Kippe steht, ist bei uns klar, dass sehr bald ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liegen wird. Im Europäischen Parlament werden wir im März eine detaillierte Position mit unseren Anforderungen an ein Gesetz verabschieden. Wir machen uns unter anderem für verbindliche Regeln entlang der gesamten Lieferkette und für ein Importverbot für Waren, die unter Zwangsarbeit hergestellt werden, stark. Diese Position fließt dann in die Arbeit von EU-Justizkommissar Didier Reynders ein, der im Laufe dieses Jahres einen Vorschlag für ein Gesetz präsentieren wird. 

In Deutschland liegt ein von Hubertus Heil vorgelegtes Lieferkettengesetz derzeit auf Eis. Streitpunkt ist die Haftung der Unternehmen, die von CDU-Wirtschaftsminister Altmaier abgelehnt wird. Wie sehen die Forderungen auf EU-Ebene aus?

Wir Sozialdemokrat*innen wollen Opfern und Betroffenen die Möglichkeit geben, auch vor europäischen Gerichten für ihr Recht zu streiten. Wir wollen außerdem zivilgesellschaftliche Akteure in die Umsetzung eines Gesetzes einbinden. Als Berichterstatter im Ausschuss für internationalen Handel konnte ich genau diese Position durchsetzen. Weiterhin fordert das Europäische Parlament effektive Sanktionen gegen Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten.

Es gibt ja bereits Länder in der EU, Frankreich zum Beispiel, die auf nationaler Ebene mit gutem Beispiel vorangehen. Könnte deren Gesetzgebung Vorbild sein?

Es geht im europäischen Prozess auch darum, die Stärken und Schwächen der nationalen Initiativen und der bislang einzigen Gesetzgebung auf europäischer Ebene, der Konfliktmineralienverordnung, zu analysieren. Kein bestehender nationaler Ansatz überzeugt auf ganzer Linie. So gut zum Beispiel der französische Ansatz auf dem Papier aussieht, so schwierig hat er sich in der praktischen Anwendung herausgestellt. Dort gibt beispielsweise Probleme mit unklaren Definitionen und folglich einen großen Interpretationsspielraum für Unternehmen bei der Befolgung des Gesetzes. Wir können aber von genau diesen Erfahrungen profitieren und die Fehler der Vergangenheit vermeiden.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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