International

Etappensieg für Frankreichs Premier Valls

von ohne Autor · 17. September 2014
placeholder

Der französische Regierungschef Manuel Valls kann mit einer knappen Mehrheit im Parlament weiterregieren. Doch die nächste Bewährungsprobe kommt mit der Haushaltsabstimmung im Oktober.

Nach dem Vertrauensvotum für den französischen Regierungschef Manuel Valls ist die Stunde der Zahlendeuter gekommen. In der Nationalversammlung hat sich zwar eine Mehrheit für die Politik des Sozialisten ausgesprochen - 269 Abgeordnete stimmten für Valls und 244 dagegen. Doch von den 306 Ja-Stimmen, die der 52-Jährige nach seiner Amtsübernahme im April erhalten hatte, ist er inzwischen weit entfernt.

Denn die Gruppe derer, die sich von seiner als zu unternehmerfreundlich kritisierten Politik distanzieren, ist gewachsen: 53 Parlamentarier enthielten sich am Dienstag, darunter alle Grünen sowie 31 abtrünnige Sozialisten. Damit verdreifachte sich die Zahl der „frondeurs“, der parteiinternen sozialistischen Rebellen, seit April. Doch der Premierminister scheint darüber gar nicht so unglücklich zu sein. „Nach der Klarstellung in der Regierung ist jetzt die Klarstellung im Parlament erfolgt“, zitierte die Zeitung „Libération“ am Mittwoch aus seinem Umfeld.

Für Klarheit in der Regierung sorgte Valls Ende August mit dem Rausschmiss von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg und zwei weiteren Ministern, die seinen sozialdemokratischen Kurs kritisiert hatten. Stattdessen holte Valls mit Emmanuel Macron einen bekennenden Wirtschaftsliberalen als Nachfolger Montebourgs ins Kabinett. Der Bruch mit den Ministern der Parteilinken gab der Gruppe der „frondeurs“ Auftrieb, wie auch der Parteitag Ende August in La Rochelle zeigte.

Parteilinke umworben

Doch Valls ist auf Stimmen des linken Parteiflügels angewiesen, um weiter zu regieren. Deshalb waren Teile seiner 45 Minuten langen Grundsatzrede vor der Abstimmung klar an die Parteilinke gerichtet: „Reformieren bedeutet nicht, die 35-Stunden-Woche in Frage zu stellen“, antwortete er auf Forderungen von Arbeitgeberpräsident Pierre Gattaz, die 35-Stunden-Woche aufzuweichen, Feiertage abzuschaffen und den Mindestlohn abzusenken.

Auch Montebourg zollte Valls indirekt Respekt, indem er sich für eine aktive Rolle des Staates bei der Rettung von Unternehmen wie der Industrieikone Alstom aussprach. „Die Stärkung unserer Wirtschaft geschieht auch durch eine direkte Unterstützung unserer Industrie.“ Der selbsternannte Industriepatriot Montebourg hatte sich stets dafür eingesetzt, dass der Staat angeschlagenen Unternehmen hilft.

„Herr Valls ist kein Reformer. Er ist ein konservativer Sozialist wie die anderen“, kritisierte der konservative Ex-Minister Bruno Le Maire denn auch am Mittwoch. Fast wortgleich lautete die Reaktion der sozialistischen Parteilinken. „Man war fast überrascht, dass er die Rede eines sozialistischen Premierministers hält“, sagte der sozialistische Abweichler Laurent Baumel. „Aber zum Schluss gab es keine Änderungen.“

Denn Valls machte auch deutlich, dass er an seinem unternehmerfreundlichen Kurs festhält. „Unseren Unternehmen zu helfen ist keine ideologische, sondern eine strategische Entscheidung.“ Die französische Wirtschaft leide vor allem unter ihrer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit. „Seit 2001 ist in der Industrie kein neuer Arbeitsplatz entstanden.“

Sparkurs der Situation anpassen

Dennoch schaffte der Regierungschef es, dass einige der „frondeurs“ am Ende das Lager wechselten und ihm doch das Vertrauen aussprachen. Allerdings nahm der gebürtige Katalane mit dem Votum am Dienstag nur eine erste Hürde. Eine weitere folgt im Oktober, wenn der Haushalt für 2015 ins Parlament kommt. 21 Milliarden will die Regierung einsparen – sehr zum Ärger der Parteilinken.

Das EU-Defizitziel von drei Prozent wird Valls trotzdem deutlich verfehlen. Mit einer Neuverschuldung von 4,3 Prozent rechnet Finanzminister Michel Sapin im kommenden Jahr. Das schwache Wachstum und die niedrige Inflation macht Valls für das Haushaltsloch verantwortlich. „Wir passen den Rhythmus der Defizitverringerung dieser Situation an.“

Damit muss seine Regierung in Brüssel erneut um Verlängerung bitten, um die drei Prozent zu erreichen. Ein Thema, das Valls nächste Woche auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erörtern wird. „Wir fordern keine Erleichterungen. Frankreich entscheidet allein, was es tun muss“, gab sich der Premierminister selbstbewusst. Aber auch Deutschland müsse seine Verantwortung übernehmen – vor allem, um das Wachstum anzukurbeln.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare