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Erdgas-Import in Europa: Jens Geier fordert „transeuropäische Netze“

Vor wenigen Monaten war es noch die „Brückentechnologie“, jetzt gilt Erdgas – vor allem russisches – als notwendiges Übel: Die EU plant in Windeseile den Umbau der Energieinfrastruktur. Einfach wird es nicht, sagt SPD-Europapolitiker Jens Geier.
von Benedikt Dittrich · 30. Juni 2022
LNG-Terminal in Finnland: Der Wille zur Beschleunigung ist da.
LNG-Terminal in Finnland: Der Wille zur Beschleunigung ist da.

„Wir sehen jetzt, dass die Gas-Brücke nicht so stabil ist wie gehofft“, erklärt Europapolitiker Jens Geier am Donnerstag. Der Energiepolitiker und Vorsitzende der SPD-Politiker im Europaparlament erläutert im Pressegespräch die Probleme der aktuellen Situation: Es fehlt aus seiner Sicht vor allem an Verbindungen zwischen West- und Südosteuropa, um Erdgas quer durch die EU schicken zu können. „Wir müssen uns aber gegenseitig helfen können“, sagt Geier – nicht nur mit Blick auf einen drohenden Gas-Mangel im kommenden Winter, sondern auch in den kommenden Jahren.

Das Dilemma: Auch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien ist man noch nicht weit genug, meint Geier. „Die Erneuerbaren werden im Winter noch nicht die Antwort auf eine mögliche Versorgungsknappheit sein“, so der Vorsitzende der SPD-Gruppe im Europaparlament.

Die Pipeline von West nach Ost fehlt

Demnach ist Europa also noch in hohem Maße abhängig von fossilen Energieträgern wie Erdgas – auch wenn die Transformation unumgänglich sei und das auch von den Versorgungsunternehmen so gesehen werde, erklärt der Sozialdemokrat. Eine Zwischenlösung: Gas-Importe von Algerien über Spanien. Dort gibt es bereit Gas-Pipelines, Spanien ist direkt an algerische Gasfelder angeschlossen. Nur: Es gibt keine gute Verbindung bis nach Zentraleuropa. Zwei Pipelines in Richtung Frankreich sind bereits ausgelastet. Das Land braucht das Gas aber auch selber, seitdem der Gas-Strom aus Russland über Deutschland stark gedrosselt wurde.

Pläne für einen Ausbau von Spanien nach Frankreich und Italien gibt es, sie wurden aber bisher nicht vollendet. Der Bau würde auch wohl noch zwei bis drei Jahre dauern. Was aus Sicht von Geier doppelt ärgerlich ist, denn Spanien hat auch gut ausgebaute Häfen, die LNG, Flüssiggas, aus aller Welt importieren können. Den anderen EU-Ländern, vor allem den osteuropäischen, die so wie Deutschland auch besonders abhängig von russischem Gas sind, hilft das derzeit aber nicht. Länder wie Deutschland, sowie auch Polen, Tschechien und weitere sind damit auf Gas aus Norwegen sowie eigene LNG-Häfen oder in direkter Nachbarschaft angewiesen – beispielsweise die Niederlande.

Allerdings blickt Jens Geier zusätzlich auch schon auf die kommenden Jahre – und fordert deswegen den Ausbau transeuropäischer Netzwerke. Allerdings nicht nur für Erdgas. „Die müssen Hydrogen-ready sein“, fordert er mit Blick auf den kommenden Ersatz des fossilen Brennstoffs: grüner Wasserstoff, mit Erneuerbaren Energien per Elektrolyse gewonnen, soll irgendwann auch durch diese Röhren geschickt werden. Dafür brauche es aber jetzt Investitionssicherheit, so Geier, der auch eine Gasmarkt-Richtlinie erarbeitet hat, um den Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen. „Das ist alles nicht die Lösung für November, aber wir müssen jetzt damit anfangen.“

Transformation jetzt „Priorität eins“

Und er hat auch die große Hoffnung, dass der Wille zur Beschleunigung da ist: „Ich bin mir sicher, dass jetzt alles Priorität eins hat“, sagt er auf Nachfrage zur Transformation der Europäischen Union, der Umsetzung des Green Deal. „Uns fallen jetzt die nicht gemachten Hausaufgaben auf die Füße“, so Geier mit Blick auf den schleppenden Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ein Fehler, den der Sozialdemokrat offenbar beim Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur vermeiden will.

Auf kurzfristige Sicht plädiert er außerdem für ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen in der EU, beispielsweise beim Einkauf von Gas – auch aus einer gemeinsamen Solidarität in Europa heraus. „Das finde ich allemal richtig.“

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Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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