Ehemalige SPD-Vorsitzende warnen vor neuem atomarem Wettrüsten
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Es liest sich wie ein Who-is-who der Sozialdemokratie. Neun frühere SPD-Vorsitzende, von Hans-Jochen Vogel über Rudolf Scharping und Franz Müntefering bis zu Martin Schulz, haben einen gemeinsamen Aufruf gegen eine drohende neue atomare Aufrüstung unterzeichnet. „Das tiefe Misstrauen des Kalten Krieges ist zurück“, heißt es in dem Appell und: „Die Welt nähert sich erneut mit großer Geschwindigkeit einem neuen atomaren Wettrüsten.“
Neun frühere SPD-Chefs und vier Bundesminister
Initiiert wurde der Aufruf mit dem Titel „Kein neues atomares Wettrüsten in Europa! Für einen neuen Anlauf zur Rüstungskontrolle und Abrüstung“ vom langjährigen Präsidenten der Akademie der Künste, Klaus Staeck. Neben den früheren SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, Björn Engholm, Sigmar Gabriel, Franz Münterfering, Matthias Platzeck, Rudolf Scharping, Gerhard Schröder, Martin Schulz und Hans-Jochen Vogel gehören die ehemaligen Bundesminister Erhard Eppler, Herta Däubler-Gmelin, Renate Schmidt und Heidemarie Wieczorek-Zeul zu den Erstunterzeichnern.
Der Aufruf, der im Internet mitgezeichnet werden kann, ist eine Reaktion auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, den INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen in Europa mit Russland kündigen zu wollen. Der amerikanische Präsident Ronald Reagan hatte ihn Ende der 80er Jahre mit dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow ausgehandelt.
Europa muss Stimme der Abrüstung sein
„Dieser Vertrag schützt uns Europäer und vor allem uns Deutsche seit mehr als 30 Jahren davor, Austragungsort eines bedrohlichen atomaren Wettrüstens zu werden“, erinnert der Appell und warnt: „Auch alle anderen atomaren Abrüstungsverträge zwischen Russland und den USA sowie der START-Vertrag über interkontinentale Atomraketen stehen auf dem Spiel.“
Die Unterzeichner fordern daher den „Wiedereinstieg in eine funktionierende Rüstungskontrolle“. Deutschland und Europa sollten dabei eine entscheidende Rolle spielen und „die Stimme für Abrüstung und gemeinsame Sicherheit“ werden. „Was jetzt gebraucht wird, sind europäische Initiativen zum Wiedereinstieg in die verstärkte Rüstungskontrolle.“
Willy-Brandt-Kreis will NATO einschalten
Bereits am Mittwoch hatte der Willy-Brandt-Kreis, zu dessen Vorstand u.a. Brandts Sohn Peter gehört, an die Bundesregierung appelliert, „die europäischen NATO-Partner aufzufordern zu erklären, dass sie den INF-Vertrag als zentralen Pfeiler der europäischen Sicherheit erhalten wollen und eine Neustationierung von Nuklearwaffen und neuer Trägersysteme in Europa nicht in Frage kommt“. Als künftiges nicht ständiges UN-Sicherheitsratsmitglied müsse Deutschland „die Krise der weltweiten nuklearen Abrüstung wieder auf die Tagesordnung des UN-Sicherheitsrates und der UN setzen und ein Sondertreffen zum Stand von nuklearer Rüstungskontrolle und Abrüstung initiieren.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.