Die Situation in der Ostukraine ist brandgefährlich. Die pro-russischen Banden lassen sich nicht kontrollieren und entwaffnen. Die Regierung in Kiew ist hilflos. Ob es Ende Mai zu Wahlen kommt ist ungewiss.
Die Regierung in Moskau erkennt die Regierung in Kiew nach wie vor nicht an. Sie wird auch ein Wahlergebnis nicht respektieren. Unabhängige Beobachter leben in der Konfliktzone des ukrainischen Ostens gefährlich. Es wird geschossen und entführt, verprügelt und besetzt. Es ist Anarchie.
Es gibt eine Art von stiller Verzweiflung bei einigen europäischen Außenministern (darunter auch Frank-Walter Steinmeier), die versuchen, mit anhaltendem Verständnis für die beteiligten Seiten die Lage in der Ukraine nicht gefährlicher werden zu lassen. Die Zahl derjenigen Politiker hat seit den ersten Protesten auf dem Kiewer Maidan im Herbst vergangenen Jahres nicht zugenommen. Auch die politischen Gesprächspartner in Russland wie in der Ukraine sind in diesem Zeitrum nicht zu verlässiger geworden. Zusagen und Verabredungen werden nicht eingehalten. In einigen Teilen der östlichen Ukraine herrscht so etwas wie ein Bandenkrieg, der weder von der Regierung in Kiew eingedämmt, noch von der Regierung in Moskau offenbar länger kontrolliert werden kann. Das macht eine politische Lösung sehr schwierig, zumal sich der Konflikt für alle beteiligten Seiten sehr unterschiedlich darstellt.
Separatisten an diplomatischer Lösung nicht interessiert
Denn eine solche politische Lösung setzt voraus, dass die Konfliktparteien sie auch wollen. Dazu gehört, dass sie ihre jeweiligen Ziele deutlich formulieren. Das ist in der von Osten her auseinander fallenden Ukraine kaum bis nicht der Fall. Was ist zu tun? Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat immer wieder gesagt, eine militärische Lösung für den Konflikt in der Ukraine komme nicht in Frage. Das ist die deutsche Haltung, das ist die der EU und der NATO. Letztere ist ein „rotes Tuch“ für viele Menschen und Politiker in der Ostukraine, auf der Krim und in Russland, nachdem sie in den vergangenen gut 20 Jahren viele westlich der früheren UdSSR gelegenen Länder aufgenommen hat. Ähnliches gilt für die EU.
Die Ukraine liegt zerrissen dazwischen. In jenen zwei Jahrzehnten ausgeplündert, ruiniert von angeblichen Eliten, die nie welche waren: Hochkömmlinge in Politik und Wirtschaft, die die Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nutzten, um sich zu bereichern, zu bemächtigen. Ein Prozess, der von den westeuropäischen Regierungen hingenommen wurde.
Die politischen Gruppen sind verfeindet
Dieses schöne und reiche, in den vergangenen 100 Jahren immer wieder zertrümmerte Land hat auch jetzt wieder keine Chance, sich zu erholen. Die politischen Gruppierungen sind zerstritten und verfeindet. Die Kleinwirtschaft ist fast kaputt. Einen funktionierenden Mittelstand gibt es nicht. Eine funktionierende Justiz und staatliche Finanzkontrolle auch nicht. Dafür gibt es jede Menge Korruption und Waffen. Die wenigen, jedoch sehr reichen Oligarchen haben ihr Geld im Ausland. Die Landbevölkerung im Westen und im Süden ist weder für sie noch für Politiker in Kiew wirklich interessant. Sie hat nie einen Machtfaktor dargestellt. Und wenn, dann immer dann, wenn sie für nationalistische Parolen ge- oder missbraucht wurde.
Auswege aus dieser schrecklich gefährlichen Konstellation gibt es nicht viele. Alle sind schwer, brauchen Geduld, vor allem politischen Mut: In Brüssel, in Berlin, in Paris, in Warschau, in Kiew und in Moskau.
ist Journalist, Gast-Dozent für Fernsehdokumentation und -reportagen an der Berliner Journalistenschule und an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin sowie Honorarprofessor im Studiengang Kulturjournalismus an der Berliner Universität der Künste (UdK).