Digitaler Kapitalismus: Monopole zerschlagen, um die Demokratie zu retten?
Es ist ein düsteres Bild, das Harvard-Professorin Susan Crawford von ihrem Land, den Vereinigten Staaten von Amerika, zeichnet: „Demokratie und Kapitalismus können in Amerika nicht überleben, wenn sie nur dazu dienen, dass Reiche immer reicher werden“, erklärt sie beim Abschlusspanel einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Digitaler Kapitalismus – Alle Macht den Konzernen?“
Staat muss Kontrolle behalten
Der amtierende Präsident Donald Trump sei der Meinung, die Regierung solle sich nicht in Geschäfte einmischen, beschreibt Crawford das Weltbild von Trump, der Geld über jeden anderen Wert stelle. Wohlhabende und große Unternehmen profitierten davon. Doch wie lässt sich der digitale Kapitalismus zum Wohle aller zähmen, wenn Politik sich nicht mehr einmischt?
Für Crawford, die u.a. als Beraterin des ehemaligen US-Präsident Barack Obama tätig war, ist klar: Der Staat muss die Kontrolle behalten. Er muss regulierend eingreifen, z.B. bei Konzernen wie UBER. Derzeit verdiene der überwiegende Teil der in New York tätigen UBER-Fahrer weniger als den Mindestlohn und arbeite oft rund um die Uhr.
Dabei sei UBER in erster Linie gar nicht an Gewinnen interessiert. Dem Konzern gehe es vor allem darum, Konkurrenz auszuschalten und so den Markt zu kontrollieren, erklärt Crawford die Philosophie des Datenunternehmens. Das Ziel: den Markt beherrschen und Preise festlegen.
Nahles: Müssen Machtfrage beantworten
Andrea Nahles sieht diese Gefahr, wenn sie Crawfords Ausführungen zustimmt: „Mit Blick auf die digitale Welt haben wir aktuell keinen Markt mehr, denn Monopole verhindern Markt“, sagt die SPD-Chefin. Um den Kapitalismus zum Wohle aller zu zähmen, müsse man die Machtfrage beantworten, gibt sie sich kämpferisch. Doch wie Monopole entmachten? Nahles' Antwort: Im Zweifel mit Zerschlagung.
„Wir sind nicht machtlos“, fährt sie fort. Olaf Scholz sei ein gutes Beispiel, erklärt die SPD-Fraktionsvorsitzende. In seinem Amt als Erster Bürgermeister Hamburgs habe er ein Verbot für das Unternehmen UBER in der Hansestadt durchgesetzt.
Datenunternehmen nicht aus Verantwortung entlassen
Die Vize-Vorsitzende der IG Metall führt ein weiteres Beispiel an: Die Gegenbewegung gegen den Google Campus in Berlin. Für Christiane Benner ein Zeichen, dass sich die Menschen mit der Macht der Monopole ziemlich unwohl fühlten. Als Folge habe Google den Plan zurückgezogen. „Wir brauchen in Deutschland mehr Unterstützung zum Aufbau von Alternativen zu den großen Playern wie Google und Co.", fordert Benner.
Als Gewerkschafterin treibe es sie um, dass digitale Arbeit im Internet immer noch ein rechtsfreier Raum zu sein scheint. Hier müsse soziale Absicherung sichergestellt werden, sonst werde der Sozialstaat ausgehöhlt, erklärt Benner. Da Plattformen Unternehmen seien, müssten sie auch zur Kasse gebeten werden.
Von der Politik fordert Benner ein stärkeres Einschreiten. Etwa dann, wenn große Konzerne Tochterunternehmen gründeten, um anschließend aus der Tarifbindung auszusteigen. Hier müsse Politik Grenzen setzen, lautet ihre Forderung an Fraktionschefin Andrea Nahles.
Kampfthema Mitbestimmung
Die wehrt sich. Die SPD sei die einzige Partei, die sich für mehr Mitbestimmung im Betrieb stark mache. In den Koalitionsverhandlungen zu Jamaika beispielsweise habe niemand Mitbestimmung gewollt. Das sei ein großes Kampfthema, erklärt sie, denn da gehe es um Verteilungsfragen. Betriebsräte bräuchten mehr Mitbestimmung, stellt Nahles klar. Die Strategie der SPD: Qualifizierung und Arbeitszeitverkürzung.
„Nichts wird von alleine gut“, sagt Benner. Der technische Fortschritt müsse zu einem menschlichen werden, fügt sie hinzu. Auch für Nahles ist klar: „Wir haben in Deutschland noch etwas zu verlieren.“ Die Arbeit wird uns durch die Digitalisierung nicht ausgehen, möglicherweise aber die gute Arbeit, sagt Nahles. Für sie gehe es um die Grundfrage der Demokratie.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.