Deutschland bekennt sich zu Völkermord an Herero und Nama
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Mehr als 100 Jahre nach den Verbrechen der deutschen Kolonialmacht im heutigen Namibia erkennt die Bundesregierung nun die Verbrechen an den Volksgruppen der Herero und Nama als Völkermord an. Dem waren knapp sechs Jahre andauernde Verhandlungen zwischen Namibia und der Bundesrepublik vorangegangen. Dieser Schritt hat für Deutschland keine rechtlichen Konsequenzen. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte jedoch am Freitag Unterstützung für die Nachkommen der Opfer zu.
1,1 Milliarden Euro über 30 Jahre
„Als Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids, das den Opfern zugefügt wurde, wollen wir Namibia und die Nachkommen der Opfer mit einem substanziellen Programm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung unterstützen“ so Maas. Weiterhin will Präsident Frank Walter-Steinmeier bei einem Festakt im namibischen Parlament offiziell um Vergebung bitten.
Namibias Regierung begrüßte diese Schritte: „Die Anerkennung vonseiten Deutschlands, dass ein Völkermord begangen wurde, ist der erste Schritt in die richtige Richtung“, sagte ein Sprecher von Präsident Hage Geingob, Alfredo Hengari.
Erste Schritte in Richtung einer Versöhnung gab es bereits im Jahr 2004, als die amalige Entwicklungministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sich der kolonialdeutschen Vergangenheit stellte und in einer Rede die Opfer der deutschen Verbrechen um Verzeihung bat.
Erster Völkermord des 20. Jahrhunderts
Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia und ging dabei zum Teil vielfach brutal gegen die einheimische Bevölkerung vor. Historiker*innen zufolge kamen bei der Niederschlagung von Aufständen durch die deutsche Schutztruppe zwischen 1904 und 1908 etwa 65 000 von 80 000 Herero und mindestens 10 000 von 20 000 Nama bei dem als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts geltenden Verbrechen ums Leben.
Die Folgen des Genozids greifen bis heute: In Familien, die gezwungen wurden, die Schädel ihrer Verwandten auszukochen, damit diese für die deutsche Rassenforschung nach Europa verschickt werden konnten, leiden unter generationenübergreifenden Trauma. Zudem wirkt die damalige Reduzierung der Population von Nama und Herero durch den „Vernichtungsbefehl“ des Generals von Trotha auf 10 bis 15 Prozent der damaligen Bevölkerung bis heute nach.
Mit den 1,1 Milliarden Euro aus Deutschland sollen nun vor allem Projekte in den Siedlungsgebieten der Herero und Nama gefördert werden. Diese widmen sich etwa der Landreform, Landwirtschaft, der ländlichen Infrastruktur und Wasserversorgung sowie der Berufsbildung. Kritik am Vorgehen der deutschen und der namibischen Regierung übte die namibische Opposition. Unter anderem hieß es, die Geldzahlungen sollten an die traditionellen Anführer der betroffenen Gemeinschaften gehen statt an die Regierung.