International

Das Problem Drogenanbau

von Viktor Ivanov · 14. Dezember 2010
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Beinahe zehn Jahre nach Beginn der Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan ist Al-Qaida weitgehend aus dem Land vertrieben. General James Jones , bis vor kurzem Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Obama, schätzte am 4. Oktober 2009 bei einer Anhörung vor dem US-Kongress, dass sich nur noch weniger als 100 Al-Qaida-Mitglieder in Afghanistan aufhalten. Dennoch bleibt die Lage in Afghanistan bekanntlich äußerst instabil und erfordert bis heute die Stationierung von nicht weniger als 120.000 NATO-Soldaten.

Die größte Quelle dieser Instabilität ist heute nicht mehr Al-Qaida, sondern vielmehr der Drogenhandel. Unter den Augen der NATO-Truppen hat sich Afghanistan in den vergangenen Jahren zu einem lukrativen Drogenlabor entwickelt, das fast die ganze Welt mit Opium versorgt. Nach offiziellen UN-Statistiken ist zwischen 2006 und 2009 im Durchschnitt dreimal soviel Opium produziert worden wie zur Zeit des Taliban-Regimes. 13% der afghanischen Bevölkerung arbeiten in der Drogenindustrie.

Enormer Profit

Die Drogenbarone finanzieren nicht nur die aufständischen Taliban, sondern schüren auch Kriminalität und Drogenmissbrauch im Westen. Russland ist davon besonders betroffen: wie ein stiller Tsunami brach der Heroin-Missbrauch in den vergangenen Jahren über uns herein. Inzwischen sind wir einer der größten Konsumenten dieser Droge: um die 2,5 Millionen Drogensüchtige leben in Russland. Jedes Jahr sterben weltweit 100.000 Menschen an den Folgen des Konsums von Drogen aus Afghanistan, darunter 10.000 in NATO-Staaten.

Dennoch hat die NATO die Bekämpfung des Drogenanbaus in Afghanistan bislang mit Samthandschuhen angefasst und dies damit begründet, dass die Vernichtung von Mohnfeldern die Existenz der Kleinbauern in Afghanistan bedrohe. Wir müssen einen Weg finden, den Bauern den Anbau alternativer Pflanzen zu ermöglichen und ihren Lebensunterhalt auf legale Art und Weise zu bestreiten. Dies geht nicht ohne massiven Druck auf die Landbesitzer, die über die Felder der Bauern herrschen und enorme Profite durch den Drogenanbau einfahren.

7-Punkte-Plan zur Bekämpfung des Drogenanbaus

Ende Oktober hat meine Behörde erstmalig eine gemeinsame Operation mit amerikanischen und afghanischen Einheiten durchgeführt, bei dem vier Drogenlabors vernichtet werden. Die erfolgreiche Operation hat das Potential der Zusammenarbeit gezeigt. Aber es bleibt noch viel zu tun, insbesondere im Norden Afghanistans, wo deutsche Truppen stationiert sind. Die Zahl der ohnehin dort konzentrierten Laboratorien hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren vervielfacht. Ein Großteil der Rauschgifttransporte nach Russland und nach Europa nimmt in Nord-Afghanistan ihren Ursprung.

Zur Bekämpfung der Drogenproduktion in Afghanistan hat Russland einen 7-Punkte-Plan entworfen, der von der Vernichtung von Mohnfeldern über die Verhängung von Sanktionen für Drogenbarone bis zur Anpassung des ISAF-Mandates reicht. Darüber hinaus darf auch der zivile Wiederaufbau Afghanistans nicht vergessen werden, damit die Afghanen auch Arbeit außerhalb der Drogenindustrie finden.

Der Drogenhandel kennt keine Grenzen, und auch die Bekämpfung der Drogenbarone muss in enger Kooperation mit den Vereinten Nationen, den G8, den G20 und anderen internationalen Institutionen erfolgen. Ohne eine effektive Bekämpfung der Rauschgiftproduktion wird Afghanistan auch die nächsten zehn Jahre ein gefährlicher Hort der Instabilität bleiben.

Am heutigen Dienstag diskutiert die SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin mit Experten über das deutsche Engagement in Afghanistan. Die Konfernez können Sie auch über einen Livestream verfolgen.

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