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Corona-Krise: So bewertet die SPD das Wiederaufbauprogramm der EU-Kommission

Die SPD lobt den Vorschlag der EU-Kommission für ein milliardenschweres Wiederaufbauprogramm nach der Corona-Krise. Gleichzeitig drängt sie auf ein klares Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Klimaschutz.
von Kai Doering · 27. Mai 2020
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Parlamentspräsident David Sassoli: ein Wiederaufbauprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Parlamentspräsident David Sassoli: ein Wiederaufbauprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro

Die Aufgabe ist gewaltig und ebenso groß waren die Erwartungen an den Vorschlag der EU-Kommission für ein Wiederaufbauprogramm nach der Corona-Krise. „Dieser Wiederaufbauplan muss historisch einzigartig werden“, hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Joachim Schuster, vor der Vorstellung am Mittwoch gesagt. Zumindest was die Summen angeht, ist der Plan einmalig in der Geschichte der Europäischen Union geworden.

750 Milliarden Euro für die EU-Staaten

Mit 750 Milliarden Euro soll nach Vorstellung der EU-Kommission die europäische Wirtschaft unterstützt und wieder in Gang gebracht werden. Zwei Drittel davon, 500 Milliarden Euro, sollen als – nicht zurückzuzahlende – Zuwendungen und ein Drittel, 250 Milliarden Euro, als Kredite an die Länder gehen, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind. Allein Italien soll 81 Milliarden Euro Zuschüsse und rund 90 Milliarden Kredite erhalten, Spanien 77 Milliarden Zuschüsse und 63 Milliarden Kredite. Für Deutschland sind Zuschüsse in Höhe von 28 Milliarden Euro vorgesehen.

Das Geld will die EU-Kommission selbst als Kredit an den Finanzmärkten leihen und zwischen 2028 und 2058 aus dem EU-Budget abbezahlen. Auch neue Einnahmenquellen wie eine europäische Digitalsteuer, eine Plastikabgabe und eine Ausweitung des Emissionshandelssystems auf den Schiffs- und Flugverkehr sollen erschlossen werden.

Jens Geier: Kredite sind „großer Fortschritt“

Aus der SPD gibt es große Zustimmung für die Kommissionspläne. „Es ist richtig, dass die Europäische Kommission mit Ursula von der Leyen an der Spitze heute ein engagiertes Wiederaufbau-Programm im Umfang von 750 Milliarden Euro und einen überarbeiteten mehrjährigen Finanzrahmen von 1,85 Billionen Euro vorschlägt“, sagt der Europabeauftragte des Parteivorstands, Udo Bullmann. „Wir erkennen darin vieles wieder, was SPD-Finanzminister Olaf Scholz und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire in den letzten Wochen als gemeinsame europäische Position erarbeitet haben.“

 „Dass hilfsbedürftigen Regionen auch Zuschüsse statt allein Kredite für den Wiederaufbau gezahlt werden sollen, ist ein großer Fortschritt“, sagt auch der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier. Der Schritt sei „nicht zuletzt den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der deutschen Bundesregierung zu verdanken“.

Besonders Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte in den vergangenen Wochen immer wieder auf mehr europäische Solidarität in der Corona-Krise gedrungen und dafür, auch gemeinsame Schulden aufzunehmen. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden, die sogenannten sparsamen Vier, lehnen das bisher ab. „Mit ihrem Vorschlag, der sowohl Zuschüsse als auch Kredite für die EU-Mitgliedsstaaten vorsieht, versucht die Kommission den Spagat zwischen den verhärteten Fronten in den europäischen Hauptstädten zu schlagen“, meint der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Abgeordneten, Joachim Schuster.

Die EU-Kommission ist in der Pflicht

Er erwartet dennoch „harte Verhandlungen“, insbesondere mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. „Der Geiz von Kurz und Co. ist eine Farce von Regierungschefs, die sich rechts-konservative Wählerstimmen sichern wollen“, sagt Schuster. Scharfe Kritik übt er auch an der niederländischen Regierung, „die jetzt Solidarität verweigert, aber durch ihre Steuerpolitik Gewinne von Unternehmen aus anderen Staaten abgezogen hat, denen diese Einnahmen in der jetzigen Krise fehlen“.

Jens Geier sieht nun die EU-Kommission in der Pflicht, in den bisher skeptischen Ländern für ihre Pläne zu werben. „Die Vorschläge der EU-Kommission für neue Eigenmittel sind so verhalten formuliert, dass hier noch viel Verhandlungsspielraum zu erkennen ist“, ist der Vorsitzende der SPD-Europaabgeordneten überzeugt.

Sozialdemokrat*innen drängen auf Rechtsstaatlichkeit und Klimaschutz

Und auch das Europaparlament will noch einige Änderungen zum Vorschlag der EU-Kommission einbringen. „Wenn wir den EU-Haushalt substantiell anheben, müssen wir auch die finanziellen Interessen der EU entsprechend stärker schützen“, sagt Geier. Im Blick hat der dabei, dass Staaten, die gegen die Rechtsstaatsprinzipien der EU verstoßen, die Zuwendungen gekürzt werden sollen. „Das EU-Parlament wird diese Forderung zu einer seiner zentralen Bedingung machen, wenn es dem mehrjährigen Finanzrahmen zustimmen soll“, kündigt Geier an. „Wir brauchen eine solide Rechtsstaatlichkeit“, forderte auch Vize-Parlamentspräsidentin Katarina Barley via Twitter.

Ein weiteres Thema, das die Sozialdemokrat*innen mit dem europäischen Wiederaufbauprogramm verbinden wollen, ist der Klimaschutz. Für uns Sozialdemokraten ist zentral, dass die Bekämpfung der Krise auch genutzt wird, um die sozial-ökologische Wende im Sinne des European Green Deal voranzutreiben“, betont Udo Bullmann. Das, so der SPD-Europabeauftragte, werde nicht funktionieren, „wenn wir mehr Mittel in veraltete und nicht mehr konkurrenzfähige Formen von Mobilität und Energieversorgung stecken“.

Dem Vorschlag der EU-Kommission dürften also noch harte Verhandlungen folgen – zumal der letzte Gipfel der Staats- und Regierungschef*innen zum EU-Haushalt gescheitert ist, und das war im Februar noch vor Ausbruch der Corona-Krise. Soll der „mehrjährige Finanzrahmen“, wie der EU-Haushalt offiziell heißt, wie geplant zum 1. Januar 2021 in Kraft treten, müsste es spätestens im Herbst eine Einigung geben. Dass es dazu bereits beim nächsten Treffen am 18. und 19 Juni kommt, gilt Beobachter*innen zufolge eher als unwahrscheinlich.

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