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Corona in Israel: „Die Regierung hat die Kontrolle über das Virus verloren.“

Im Frühjahr hatte Israel das Corona-Virus gut im Griff. Seit einigen Wochen rollt eine zweite Welle umso heftiger durch das Land. „Die Bereitschaft, Einschränkungen hinzunehmen, ist deutlich gesunken“, sagt Tobias Pietsch vom Willy Brandt Center in Jerusalem im Video-Interview.
von Kai Doering · 8. August 2020
Die Bereitschaft, Einschränkungen hinzunehmen, ist deutlich gesunken. Tobias Pietsch vom Willy Brandt Center über die zweite Corona-Welle in Israel
Die Bereitschaft, Einschränkungen hinzunehmen, ist deutlich gesunken. Tobias Pietsch vom Willy Brandt Center über die zweite Corona-Welle in Israel

Mitte Mai lag die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen in Israel im zweistelligen Bereich. Mitte Juli wurden fast 2000 Corona-Fälle an einem Tag gemeldet. „Auch aus Regierungskreisen sprechen inzwischen viele davon, dass Israel die Kontrolle über das Virus verloren hat“, sagt Tobias Pietsch. Er leitet das Willy Brandt Center in Jerusalem, das Austausche zwischen Israelis, Palästinensern und Deutschen organisiert.

Corona-Fälle nicht mehr auf Hotspots begrenzt

Wie aber konnte es soweit kommen? „Israel hat die erste Welle relativ gut überstanden und das Land nach außen hin abgeschottet“, sagt Pietsch. „Dann ist man sehr schnell dazu übergegangen, alle Restriktionen wieder zu lockern.“ Schnell seien die Schulen wieder geöffnet worden, ebenso wie die Strände und Restaurants – auch weil die Menschen „mit den Füßen abgestimmt“ hätten. „Diese voreiligen Lockerungen haben nach Meinung der Experten dazu geführt, dass es zu einer zweiten Welle gekommen ist“, sagt Pietsch. Die Fälle seien nun auch nicht mehr auf einzelne Hotspots begrenzt.

Trotz der höheren Fallzahlen seien die Einschränkungen geringer als im Frühjahr. „Das hat zum einen mit Lerneffekten zu tun, wie sich das Virus ausbreitet“, erklärt Tobias Pietsch. Gleichzeitig sei aber die „Bereitschaft, Einschränkungen hinzunehmen, deutlich gesunken“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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