Corona-Impfungen: Kenia setzt auf AstraZeneca
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Noch Ende 2020 war es einhellig in aller Munde: Die Corona-Impfstoffe müssen als globale öffentliche Güter behandelt und damit weltweit für jede*n verfügbar sein. Lang ist’s her. Der globale Anspruch fällt mittlerweile klar hinter dem überbordenden Impfnationalismus des Globalen Nordens zurück. Fast zwei Drittel der Impfstoffdosen sind bereits für das wohlhabendste Siebtel der Menschheit reserviert. Derweil stellen sich in den Ländern des Globalen Südens neben Fragen der Verteilung des raren Guts insbesondere Fragen der konkreten Umsetzung der Impfungen. Das ist in Kenia nicht anders. Wie so oft zeigt sich, dass dort ein „öffentliches Gut“ mehr theoretisches Kontrukt als gelebte Erfahrung für die Mehrheit der Menschen ist.
Impfungen: 10 Prozent der Bevölkerung in zwei Jahren
Kenia fokussiert sich aktuell vor allem auf den AstraZeneca-Wirkstoff. Auch wenn die Nachrichten aus Südafrika zur eingeschränkten Wirksamkeit des Wirkstoffes gegen die dort grassierende Mutation auch in Kenia angekommen sind, hält man an AstraZeneca fest – in erster Linie wohl aus Mangel an Alternativen. Die Regierung will in drei Phasen ca. 16 von 55 Millionen Kenianer*innen impfen. Beginnen will man mit sogenannten Frontline-Mitarbeiter*innen in Krankenhäusern, Schulen, Polizei und anderen Behörden während eines Zeitraums von Februar bis Juni 2021. Anschließend sind Menschen über 50 oder mit bestimmten Vorerkrankungen zwischen Juli 2021 bis Juni 2022 an der Reihe. In einer dritten Phase folgen Beschäftigte in wichtigen Sektoren der Wirtschaft und Menschen in dicht besiedelten Gebieten. Natürlich ist das nur möglich, wenn genug Impfstoff vorhanden ist – aktuell wäre lediglich die erste Phase abgedeckt. Generell scheint es allenfalls wahrscheinlich, in den kommenden zwei Jahren bis zu 10 Prozent der Bevölkerung zu impfen.
Wirklich genau kann aber aktuell niemand sagen, ob und wann das entsprechende Programm beginnt – die Informationspolitik der Regierung lässt zu wünschen übrig. Auch mangelt es an einer transparenten Diskussion zu den Impf- und Priorisierungskriterien und einer klaren Aufklärung zu Chancen und Risiken der Impfung.
Kenia als Stützpunkt zur Impfstoffverteilung
Allerdings scheint das Virus bei der Mehrheit der Bevölkerung bei Weitem nicht das drängendste Problem zu sein. Die Regierung hat es bis heute vermissen lassen, ein Bewusstsein für den Ernst der Lage zu schaffen. Zudem sind für viele Kenianer*innen Fragen nach der nächsten Mahlzeit oder Mietzahlung wesentlich existentieller als die nach verfügbaren Impfstoffen. Solange die Impfungen nicht kostenlos sind – wovon angesichts der katastrophalen Haushaltslage nicht auszugehen ist – dürfte der Großteil der Bevölkerung nicht bereit oder in der Lage sein, sich impfen zu lassen.
Aus einem ganz anderen Grund könnte sich die Impfdiskussion aber von Vorteil erweisen, zumindest für Kenya Airways. Wie fast alle afrikanischen Fluglinien liegt sie derzeit wirtschaftlich am Boden. Mit einer Beteiligung am UNICEF-Programm zur Verteilung der Impfdosen könnte das Unternehmen notwendige Einnahmen generieren. Bis dato hat es neben Ethiopian Airlines nur die in Nairobi stationierte Cargo-Airline Astral auf die Liste geschafft. Da Astral am größten Flughafen des Landes über die notwendigen Kühlräume verfügt, rechnet sich auch Kenia Airways Hoffnungen aus. Somit könnten die Impfstoffe, wenn schon nicht in Kenia, dann wenigstens über Kenia verteilt werden. Das hilft zwar der großen Mehrheit der Bevölkerung nicht, erzeugt aber trotzdem ein paar gute Nachrichten, wenn auch – wie so oft in Kenia – eher nur für einige wenige Menschen.
Erschienen am 25. Februar im IPG-Journal
leitet das regionale Gewerkschaftsprojekt der FES für Sub-Sahara Afrika (FES TUCC) mit Sitz in Südafrika.