Corona in Griechenland: Die Impfquote ist hoch, das Risiko bleibt
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Katastrophal hohe Sterberaten – im Januar rund 100, im Februar etwa 85 Tote pro Tag – sowie Rekordzahlen bei Krankenhausaufenthalten. Die Lage in Griechenland bleibt ernst – trotz strikter Maßnahmen. Bereits im September 2021 führte Griechenland für Beschäftigte in Altenheimen und im Gesundheitswesen eine Impfpflicht ein. Im Januar trat ein nächster Schritt in Kraft: Ungeimpfte Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahre konnten fortan mit Geldstrafen belegt werden.
Der konservative Premier Kyriakos Mitsotakis klopfte sich kräftig auf die Schultern. Die Regierung wertete die Initiative als großen Erfolg. Bereits in den ersten 45 Tagen nach Ankündigung dieser Maßnahme im November ließen sich 220.000 Menschen aus dieser Altersgruppe impfen.
Viele Impfungen, aber auch viele Gefährdete
Die Zahlen sind beachtlich. Knapp 90 Prozent der über 60-Jährigen haben eine Dosis erhalten. Mehr als 85 Prozent sind vollständig geimpft, sprich haben entweder einen Booster erhalten hat oder wurden innerhalb der letzten sieben Monate zum zweiten Mal geimpft. Für Griechenland mit der zweitältesten Bevölkerung der EU sei dies von besonderer Bedeutung, erklärte Staatsminister Akis Skertsos. 28 Prozent der Alterskohorte gehörten zudem der höchsten Risikogruppe an.
Das Impfmandat für Beschäftigte wird konkret dadurch umgesetzt, dass die ungefähr 4700 Betroffenen, die bisher noch keinen Impfstatus vorweisen können, zunächst bis zum 31. März vom Dienst suspendiert sind. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird entschieden, ob ihre Suspendierung bis zum Ende der Pandemie – also auf vorerst unbestimmte Zeit – verlängert wird.
Ungeimpfte Menschen aus der Altersgruppe der über 60-Jährigen zahlen seit Mitte Januar ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro pro Monat. Es gibt jedoch einige Ausnahmenregelungen, zum Beispiel bei Vorliegen gesundheitlicher Impfrisiken oder bei Problemen mit der Anerkennung ausländischer Impfungen. Die Bußgeldeinnahmen sollen an staatliche Krankenhäuser fließen.
Im Parlament stimmte die konservative Regierungspartei Nea Demokratia ebenso wie die oppositionelle Mitte-links-Partei Kinal für die Impfpflicht. Die radikal linke Syriza unter Alexis Tsipras, die Mera25 von Yanis Varoufakis sowie die rechtspopulistische Partei Griechische Lösung stimmten dagegen.
Opposition sieht gescheiterte Impfkampagne
Die Opposition äußerte harsche Kritik an der Impfpflicht. Diese sei Ausdruck einer gescheiterten nationalen Impfkampagne, bei der die Regierung nicht genug Aufklärung und Überzeugungsarbeit geleistet habe. Syriza fand besonders klare Worte: „Die Schuldigen, die hinter dieser enormen Gesundheitskrise stecken und den Kollaps des nationalen Gesundheitswesens fürchten, weisen jegliche Verantwortung von sich und erlegen diese zum wiederholten Male ihren Bürgern auf.“
Bemängelt wird auch, dass für andere Berufsgruppen, wie zum Beispiel die Polizei oder den Klerus, keine Impfpflicht eingeführt wurde. Auch das Bußgeld für Ungeimpfte bei den über 60-Jährigen trifft auf Unverständnis. Kritiker*innen bezweifeln, dass es sich hierbei um eine gerechtfertigte Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung handelt. Nach Meinung mancher dient sie eher dazu, mehr Druck auf betroffene Personengruppen aufzubauen.
Arne Schildberg leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen. Zuvor war er unter anderem Büroleiter der FES in Addis Abeba, Äthiopien.