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Corona auf den Philippinen: Impfung oder Gefängnis

Die Philippinen sind von Corona hart getroffen. Schulen und Kitas sind seit März 2020 geschlossen. Trotzdem wollen sich 60 Prozent der Menschen nicht impfen lassen. Präsident Duterte greift daher zu drastischen Drohungen.
von Vinzenz Huzel · 28. Juli 2021
Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte präsentiert das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinovac. Das Vertrauen seiner Bevölkerung in den Impfstoff ist gering.
Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte präsentiert das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinovac. Das Vertrauen seiner Bevölkerung in den Impfstoff ist gering.

„Impft euch oder ich bringe euch hinter Gittern!“ Mit dieser Drohung versuchte kürzlich der philippinische Präsident Rodrigo Roa Duterte seine Landsleute von einer Corona-Schutzimpfung zu überzeugen. Duterte, der wegen seines „Kriegs gegen die Drogen“ seit Jahren von internationalen Institutionen und Menschenrechtsorganisationen kritisiert wird, ist bekannt für solch drastische Äußerungen. Wiederholt forderte er Sicherheitsbehörden auf, alle zu erschießen, die sich den Quarantänemaßnahmen widersetzen. Auch wenn dieser „Schießbefehl“ so nicht umgesetzt wird, ist die Krisenstrategie des Landes doch eher an polizeilichen Maßnahmen orientiert als an gesundheitlicher Aufklärung.

Schulen und Kitas seit März 2020 geschlossen

Bereits zu Beginn der Pandemie hat die philippinische Regierung einen der weltweit strengsten Lockdowns erlassen, der bis in die Gegenwart andauert. So sind seit März 2020 die Schulen und Kindergärten durchgehend geschlossen. Kindern unter 12 Jahren und Senior*innen über 65 Jahren war bis vor kurzem das Verlassen ihrer Wohnungen untersagt. In der Öffentlichkeit müssen Gesichtsmasken getragen werden (die Regierung empfiehlt sogar zwei davon!) sowie ein zusätzliches Kunststoffvisier.

Gegenüber den steigenden Fallzahlen zeigten diese Maßnahmen jedoch wenig Wirkung. Bereits seit Inkrafttreten der Regelungen bedient Duterte das Narrativ der „undisziplinierten Bürger“, dem er ein rigoroses Vorgehen der Sicherheitsbehörden entgegensetzt. Die philippinische Nationalpolizei verzeichnete zwischen August 2020 und März 2021 mehr als 1,5 Millionen „Verstöße gegen die öffentlichen Gesundheitsstandards“, die bis hin zu Festnahmen führten.

60 Prozent lehnen Impfung ab

Die Pandemie hat die Philippinen hart getroffen. Bis Juli 2021 hatten sich rund 1,5 der 110 Millionen Einwohner*innen infiziert, bei etwa 27 000 verlief die Krankheit tödlich. Seither befindet sich die bis dahin auf Wachstum gepolte Wirtschaft in einer Rezession, die Arbeitslosenquote hat sich nahezu verdoppelt und zeitweise waren die Intensivbetten der Krankenhäuser vollständig belegt.

Dutertes Gefängnisdrohung für Impfverweigerer*innen löste eine Diskussion darüber aus, unter welchen Bedingungen eine Impfpflicht im Lande eingeführt werden könnte. Doch selbst die Duterte-freundliche Mehrheit im Kongress zeigt sich skeptisch. Tatsächlich gibt es in den Philippinen große Vorbehalte gegenüber Impfungen im Allgemeinen. Über 60 Prozent der Bürger*innen lehnen laut einer aktuellen Befragung eine Impfung ab. Die Gründe dafür sind vielfältig: So erinnert man sich noch gut an den Dengvaxia-Skandal 2017, als angeblich mehrere Menschen, darunter Kinder, an einem neuartigen Impfstoff gegen Dengue gestorben sein sollen. Ein weiterer Grund ist, dass bislang überwiegend Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac genutzt wurde, an dessen Wirkungsgrad in der Bevölkerung starke Zweifel bestehen.

Eine Kuh zur Verlosung für Geimpfte

Im Vergleich zu anderen südost-asiatischen Staaten verläuft die Impfkampagne in den Philippinen schleppend. Bis Juli waren gerade einmal vier Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Das grundlegende Problem bleibt die unzureichende Beschaffung bzw. Verfügbarkeit von Impfstoffen. Hinzu kommt eine überbordende Bürokratie bei der Distribution der vorhandenen Vakzine sowie eine eingeschränkte Planbarkeit aufgrund der Abhängigkeit von internationalen Impfstoffspenden.

Ob die Drohungen Dutertes die Impfmotivation steigern, ist fraglich. Es scheint ihm auch egal zu sein, zumal er bei der Präsidentschaftswahl kommenden Jahres nicht wieder antreten darf. Vielversprechender wirkt da die Initiative eines Bürgermeisters im Norden der Insel Luzon: Dieser hat angekündigt, ab September – wenn im Ort erstmals Impfstoff verfügbar sein soll – monatlich eine Kuh unter den geimpften Dorfbewohnern zu verlosen.

Erschienen am 26. Juli im IPG-Journal.

Autor*in
Vinzenz Huzel

leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Manila auf den Philippinen.

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