Christian Kern als SPÖ-Spitzenkandidat nach Brüssel
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Christian Kern gilt als Quereinsteiger in der Politik. Im Mai 2016 löste er Werner Faymann als SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler ab. Kern konnte nicht verhindern, dass die SPÖ bei den Wahlen im vergangenen Jahr nur noch zweitstärkste Kraft wurde und erstmals seit 2006 wieder Oppositionspartei wurde.
Er wurde nach der Wahl Fraktionsvorsitzender und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die SPÖ wieder zu neuer Stärke zu führen. Zuletzt lag die Partei in Umfragen bei 28 Prozent und damit knapp über dem Wert, den sie bei der Wahl im vergangenen Jahr erreicht hatte.
Kern will SPE-Spitzenkandidat werden
Entsprechend überraschten Agenturmeldungen am Dienstag, wonach sich Kern aus der Politik zurückziehen wolle. Es wäre kurzes, gerade einmal zweieinhalbjähriges Gastspiel des ehemaligen Bahn-Vorsitzenden gewesen. Inzwischen ist klar: Kern zieht sich zwar aus der Politik zurück, aber nur aus der österreichischen. Sein Weg führt nach Brüssel. Der 52-Jährige will bei der Europawahl im Mai 2019 als Spitzenkandidat der SPÖ antreten. Auch eine gesamteuropäische Spitzenkandidatur für die Sozialdemokraten strebt Kern an.
Darüber entscheidet die sozialdemokratische Parteifamilie (SPE) voraussichtlich im Dezember. Der Österreicher wäre ebenso denkbar wie der niederländische Sozialdemokrat und erste Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans.
Europa soll „leuchtende Stadt“ bleiben
Kern bezeichnete die anstehende Europawahl in einer Pressekonferenz am Dienstagabend als „ganz besonders wichtige Auseinandersetzung“. Er sagte, dass das Konzept einer liberalen, weltoffenen Demokratie massiv herausgefordert werde. „Es ist für uns Sozialdemokraten in dieser Situation die wichtigste Herausforderung, dafür zu sorgen, dass dieses europäische Erbe bewahrt bleibt.“
Europa müsse weiter eine „leuchtende Stadt auf einem Hügel“ bleiben und dürfe nicht in einem „nationalistischen Sumpf“ versinken. Aus diesem Grund habe er sich für die Spitzenkandidatur entschieden. „Ich werde diese Auseinandersetzung mit voller Konzentration führen“, sagte der SPÖ-Vorsitzende.
SPÖ-Nachfolge unklar
Ohnehin hat die SPÖ nun erst einmal etwas mehr Zeit, um die Kern-Nachfolge zu klären. Der ursprünglich für Anfang Oktober geplante Parteitag ist auf Ende November verschoben worden. Bis dahin soll die Führungsfrage geklärt sein. Eine Vorentscheidung könnte bis Ende der Woche fallen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo