International

Cannabis-Legalisierung: Wo das EU-Recht im Wege steht

Die Bundesregierung plant, Cannabis in Deutschland teilweise zu legalisieren. Dem stehen jedoch einige europarechtliche Hürden entgegen. Wie diese zu überwinden sind, hat der SPD-Europaabgeordnete René Repasi analysiert.
von Jonas Jordan · 17. Februar 2023
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, um Cannabis in Deutschland zu legalisieren? Das erklärt der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, um Cannabis in Deutschland zu legalisieren? Das erklärt der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.

Der Kauf und Besitz von 20 bis 30 Gramm Cannabis soll nach den Plänen der Bundesregierung straffrei bleiben. Für Minderjährige sollen Erwerb, Besitz und Einfuhr von Cannabis verboten bleiben. Das sieht das Eckpunktepapier vor, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits im Oktober vorgestellt hat. Anders als in den Niederlanden plant die Bundesregierung, auch den Anbau für den Eigenbedarf zu legalisieren. Dem in rechtlicher Hinsicht durchaus ambitionierten Vorhaben stehen einige juristische Hürden im Wege. Welche das sind und wie diese überwunden werden könnten, hat der SPD-Europaabgeordnete und Professor für Europarecht René Repasi analysiert.

Welche Hürden gibt es?

1. Das Schengener Durchführungsabkommen (SDÜ)

Gemäß des Schengener Abkommens finden innerhalb des Schengenraums keine Grenzkontrollen mehr statt. Das bedeutet allerdings, dass neben Personen auch Waren die jeweiligen Landesgrenzen unkontrolliert passieren können. Das gilt auch für Drogen. „Aus diesem Grund enthält das SDÜ in den Artikeln 70 und folgenden entsprechende Vorschriften über Betäubungsmittel im Binnenmarkt“, erklärt Repasi.

Demnach verpflichten sich die EU-Mitgliedsstaaten in Artikel 71, Absatz 1 dieses Abkommens, „in Bezug auf die unmittelbare oder mittelbare Abgabe von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aller Art einschließlich Cannabis und den Besitz dieser Stoffe zum Zwecke der Abgabe oder Ausfuhr unter Berücksichtigung der bestehenden Übereinkommen der Vereinten Nationen alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln erforderlich sind“.

2. Das Strafrecht

„Das EU-Recht legt Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels in einem sogenannten Rahmenbeschluss fest“, erklärt Repasi. In dem entsprechenden Rahmenbeschluss heißt es, dass jeder Mitgliedsstaat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen habe, um sicherzustellen, dass das „Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Verkaufen, Liefern von Drogen“ unter Strafe zu stellen ist. Dazu zählt auch Cannabis.

3. Das Völkerrecht

Aus völkerrechtlichen Gesichtspunkten stehen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland gleich drei Aspekte im Wege, wie Repasi in seinem Video erläutert. Der SPD-Europaabgeordnete nennt das UN-Einheitsabkommen über psychotrope Substanzen sowie das UN-Übereinkommen von 1971. Hinzu komme das UN-Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988. 

Welche Möglichkeiten gibt es also?

Wichtig sei nun ein „ernsthafter Austausch“ der Bundesregierung mit der Kommission, um die Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu ermöglichen. Denkbar wäre aus seiner Sicht, dass die Kommission, nachdem sie ein entsprechendes Meinungsbild im Rat eingeholt habe, die Cannabis-Legalisierung mit entsprechenden Gesetzesvorschlägen in der gesamten Europäischen Union in Gang setze. Zugleich könnte die Kommission dann bis zum Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens darauf verzichten, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten, wenn es trotz der eindeutig geltenden EU-Rechtslage Cannabis in Deutschland legalisiert.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

0 Kommentare
Noch keine Kommentare