In einer Sondersitzung diskutiert der Bundestag am heutigen Montag die Entscheidung der Bundesregierung, Waffen an die im Nord-Irak gegen die Terrormilizen IS kämpfenden Kurden zu liefern. In ihrer Regierungserklärung begründete Bundeskanzlerin Angela Merkel den Beschluss. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann verteidigte die Entscheidung.
„Wir haben jetzt die Chance mitzuhelfen, eine menschenverachtende Terrorgruppe zu stoppen. Diese Chance müssen wir nutzen“, betonte Merkel. Die Bundesregierung habe die Risiken „sehr sorgsam abgewogen“. Die Risiken der Ausbreitung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seien größer. „Warten und hoffen“, das entsprecht nicht der deutschen Verantwortung. Merkel verwies auf die „unfassbareren Greueltaten“ und die „unvorstellbare Grausamkeit“ des IS. „Es gilt die Not der Menschen nicht nur zu lindern, sondern sie auch zu verhindern.“
Merkel: Kurden brauchen Hilfe
Die kurdischen Peschmerga „setzen sich hohen Risiken aus, um etwas zu erreichen, das auch in unserem Interesse ist“: den IS zu stoppen. Es gebe bei den Kurden einen dringenden Bedarf an militärischer Ausrüstung. Deshalb sei die Bundesregierung bereit, „auch Waffen und Munition bereitzustellen“. Merkel betonte das Einverständnis der irakischen Zentralregierung zu dieser Lieferung an die Kurden.
Die Terrorgruppe IS sei „eine Bedrohung auch deutscher Sicherheit“, so Merkel. Deshalb müsse die Expansion des IS-Terrors aufgehalten werden. Der IS missbrauche die Religion in furchtbarer Weise. Die Terrorgruppe demonstriere einen grenzüberschreitenden Herrschaftsanspruch. Deren Ziel sei, so warnte die Kanzlerin, die Errichtung eines „Kalifats bis zum Mittelmeer, das Jerusalem einschließt“.
Oppermann: Nicht zuschauen
Für die SPD nahm Fraktionschef Thomas Oppermann Stellung. Im Nahen Osten lösten sich die politischen Strukturen auf. Es drohe der Zerfall des irakischen Staates und ein Angriff des IS auf Jordanien und den Libanon. „In einer solchen Situation nur passiv zuzuschauen und den anderen die Verantwortung zu überlassen, das wäre nicht angemessen“, so Oppermann.
Es spiele sich ein Drama ab, das in seiner Brutalität und Grausamkeit in jüngster Zeit ohne Beispiel sei. Der IS handele nach dem Grundsatz: „Wer sich nicht bedingungslos unterwirft, wird exekutiert.“ Frauen würden misshandelt, vergewaltigt oder als Sklavinnen verkauft.
Humanitäre Hilfe im Mittelpunkt
„Angesichts dieser dramatischen Situation müssen wir helfen“, betonte der SPD-Fraktionschef. Im Vordergrund stehe dabei ganz klar die humanitäre Hilfe. „Wir werden darauf achten, dass die humanitäre Hilfe immer deutlich höher ist, als die Waffenhilfe.“ Humanitäre Hilfe sei aber nur möglich, wenn der Vormarsch des IS gestoppt werde. Wo der IS herrsche, gebe es keine Möglichkeit mehr zu helfen.
Respekt und Dank für die Rettung bedrohter Menschen sprach Oppermann den Kurden aus. „Ohne unsere Waffen drohen sie überrannt zu werden“, warnte er. Die Waffenlieferung an die Kurden sei „kein kommerzieller Export von Waffen, sondern Nothilfe für Menschen“, deren Leben bedroht sei. „Handeln wir nicht, besteht die akute Gefahr eines Völkermordes“, mahnte der SPD-Fraktionschef.
Raketen, Granaten und Gewehre
Am gestrigen Sonntag hatten Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mitgeteilt, welche Waffen die Kurden von Deutschland erhalten werden. Die schwerste Waffe ist dabei die Panzerabwehrrakete Milan. 30 Systeme mit insgesamt 500 Raketen sollen geliefert werden. Deutschland liefert außerdem tausende Sturmgewehre, 10.000 Handgranaten und Millionen Schuss Munition. Auch Bundeswehr-Fahrzeuge wie zum Teil gepanzerte Geländewagen, Tanklastwagen und gepanzerte Mannschaftstransporter werden an die Kurden geliefert.