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Besuch von Enrico Letta in Berlin: Motivationsschub von der SPD

Eine Woche vor der italienischen Parlamentswahl hat der Spitzenkandidat des sozialdemokratischen PD, Enrcico Letta, die SPD besucht. Gemeinsam mit Lars Klingbeil machte er klar, dass es bei der Wahl nicht nur um die Zukunft Italiens geht.
von Kai Doering · 19. September 2022
Für ein Europa der Lösungen und der Zusammenarbeit: Enrico Lotta (r.) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lars Klingbeil
Für ein Europa der Lösungen und der Zusammenarbeit: Enrico Lotta (r.) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lars Klingbeil

Sechs Tage sind es noch bis zur Parlamentswahl in Italien und es sieht nicht gut aus für den „Partito Democratico“ (PD), die Schwesterpartei der SPD. Zwar liegt sie in Umfragen an zweiter Stelle und in Schlagdistanz zur rechtsextremen „Fratelli d’Italia“. Doch der progressive Block um die PD dürfte eine Mehrheit klar verpassen. Ähnlich wie jüngst in Schweden könnte also die sozialdemokratische Partei gut abschneiden, am Ende aber doch verlieren.

Zwei Botschaften von Enrico Letta

Mit solchen Gedankenpielen will sich Enrico Lettta aber gar nicht beschäftigen. Der Vorsitzende und Spitzenkandidat des PD ist am Montag für einen Kurzbesuch nach Berlin gekommen. Erst trifft er Bundeskanzler Olaf Scholz im Willy-Brandt-Haus, danach nimmt er an der Sitzung des SPD-Parteivorstands teil. Als er im Anschluss mit Parteichef Lars Klingbeil vor die Presse tritt, versprüht Letta viel Optimismus.

Er sei „hier, um eine klare Botschaft auszusenden“, sagt der PD-Vorsitzende. „Italiens Platz ist in Brüssel“, lautet die eine. „Nur mit europäischen Lösungen kann die derzeitige Energiekrise gelöst werden“ die andere. In beidem sei er sich mit Olaf Scholz und Lars Klingbeil vollkommen einig.

Letzterer hebt so auch den Besuch Lettas als wichtiges Zeichen hervor. „Er zeigt damit, dass er die europäische Zusammenarbeit sucht“, betont Klingbeil – ganz im Gegensatz zu Giorgia Meloni und ihrer Partei „Fratelli d’Italia“. „Mit Meloni als Postfaschistin begibt sich Italien auf einen falschen Weg“, warnt Klingbeil. Ein Wahlsieg von Letta und dem PD wäre deshalb auch für die Europäische Union „ein wichtiges Zeichen“.

Ein Europa der Lösungen

Den wichtigsten Unterschied in Europafragen stellt Enrico Letta im Anschluss selbst heraus: Während Meloni und ihre Mitstreiter*innen ein Europa als „Bündnis der Nationen“ anstrebten, stehe der PD für eine weitere Vertiefung der EU. „Wir sind für ein Europa der Lösungen und der Zusammenarbeit“, betont Letta.

Ganz aktuell steht dabei natürlich die Energiepreiskrise im Mittelpunkt. SPD und PD teilten hier „denselben Ansatz“, wie der Italiener betont. Ebenso wie die deutsche Sozialdemkrat*innen plädiert er für einen Eingriff in den europäischen Strom- und Gasmarkt. Auch die Abschöpfung von krisenbedingten Übergewinnen befürwortet er. „Es gibt zu viele, die Vorteile aus der gegenwärtigen Situation ziehen“, betont Letta.

Klingbeil nimmt Bundesländer in die Pflicht

SPD-Chef Lars Klingbeil weiß er dabei an seiner Seite. „Wir wollen einen Eingriff in den Gasmarkt“, sagt er. Die Einsetzung einer Expert*innenkommission in der vergangenen Woche wertet er dabei als großen Fortschritt. Sie müsse nun „zügig im Oktober“ Vorschläge machen, wie die Gaspreise für Privatverbraucher*innen und Unternehmen begrenzt werden könnten. Mit Blick auf die in der kommenden Woche stattfindende Ministerpräsidentenkonferenz erwarte er zudem „eine konstruktive Rolle“ der Bundesländer. „Wer jetzt politisch blockiert, blockiert die Unterstützung für die Bürger*innen und Unternehmen in Deutschland“, stellte Klingbeil klar.

Enrico Lettas Blick geht derweil zurück auf den kommenden Sonntag. Direkt nach seiner Rückkehr aus Berlin hat er eine große Wahlkampfveranstaltung in Neapel. „Ich kehre mit viel Optimismus nach Italien zurück“, sagt er zum Abschied. Es sei gut, die SPD an seiner Seite zu wissen. Zudem finde sich im Wahlprogramm des PD vieles, mit dem auch die deutschen Sozialdemokrat*innen bei der Bundestagswahl erfolgreich waren. Auch das habe kurz vorher kaum jemand für möglich gehalten.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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