Außenminister Maas warnt Russland vor Aggression gegen die Ukraine
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Angesichts des massiven Truppenaufmarschs Russlands an der Grenze zur Ukraine wächst im Westen die Sorge vor einem erneuten russischen Einmarsch in das Nachbarland. Nach Einschätzung von Experten verlegt Russland zur Zeit bis zu 100.000 Soldat*innen sowie Panzer und schwere Waffen an die ukrainische Grenze. Der geschäftsführende Bundesaußenminister Heiko Maas richtet deshalb am Dienstag eine klare Warnung an Moskau: „Für jegliche Form von Aggression müsste Russland einen hohen Preis zahlen“, betont Maas kurz vor seiner Abreise zum NATO-Außenministertreffen in Riga und dem OSZE-Ministerrat in Stockholm. Zugleich stellt er Richtung Kiew klar: „Die Unterstützung der NATO für die Ukraine ist ungebrochen, ihre Unabhängigkeit, territoriale Unversehrtheit und Souveränität steht nicht zur Disposition.“ Maas spricht von einer „unmissverständlichen Botschaft an die russische Regierung“.
Heiko Maas fordert Deeskalation
Sowohl beim Treffen der NATO-Außenminister*innen in Riga als auch beim bevorstehenden Rat der Minister*innen der OSZE in Stockholm wird nach Auskunft von Maas die Lage um die Ukraine „das wichtigste Thema“ sein. „Die militärischen Aktivitäten Russlands an der Grenze zur Ukraine geben uns Anlass zu größter Sorge, auch die zunehmende Zahl an Waffenstillstandsverletzungen in der Ostukraine und die Behinderung der Sonderbeobachtungsmission der OSZE in der Ukraine tragen nicht zur Entspannung der Lage bei – im Gegenteil“, so der Außenminister. Er fordert „jetzt ehrliche und nachhaltige Schritte zur Deeskalation“. Dieser Weg könne nur über Gespräche führen. „Ich werde nicht müde zu betonen, dass die Tür zu solchen Gesprächen für Russland weiter offensteht“, betont Maas.
Die Ukraine ist nicht Mitglied der NATO. Die Regierung in Kiew strebt jedoch einen Beitritt an. Dies stößt auf den massiven Widerstand Moskaus, das die Ukraine und den Westen vor einem NATO-Beitritt Kiews warnt. Da die NATO-Beistandsklausel damit für die Ukraine nicht gilt, ist nicht klar, wie die NATO auf einen möglichen Einmarsch Russlands in das Nachbarland reagieren wird. Ein aktives militärisches Eingreifen der Allianz gilt als sehr unwahrscheinlich. Neue und schärfere Wirtschaftssanktionen gegen Russland könnten dagegen durchaus eine mögliche Antwort sein.
Rätselraten im Westen: Was will der Kreml?
Der Westen rätselt seit Wochen über die Gründe für den massiven russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze und über die Absichten Moskaus. Bereits in der ersten Jahreshälfte hatte es umfassende Konzentrationen von russischem Militär an der Grenze zur Ukraine gegeben, die für erhebliche internationale Unruhe gesorgt hatten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erinnerte nun an die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 und die bis heute andauernde militärische Unterstützung russischer Separatisten in der Ostukraine durch Moskau. Russlands Führung habe damit wiederholt bewiesen, dass es willens und fähig sei, militärische Gewalt gegen ein Nachbarland einzusetzen.
Der Kreml weist jede Absicht zurück, über die bestehenden Einsätze hinaus die Ukraine militärisch anzugreifen. Man habe das Recht, seine Truppen auf dem eigenen Staatsgebiet zu bewegen und zu konzentrieren, wie man es für richtig halte, so ein Kreml-Sprecher. Moskau verweist in diesem Zusammenhang auf Inspektionen von Schiffen der NATO im Schwarzen Meer, deren Anrainer sowohl Russland und die Ukraine sind, als auch die NATO-Mitgliedsländer Rumänien, Bulgarien und Türkei.
Reform der NATO-Strategie in Riga
Bei dem Treffen der NATO-Außenminister*innen in Riga geht es nach Auskunft von Heiko Maas auch um ein neues strategisches Konzept der Allianz. Es wird derzeit entwickelt und soll auf dem nächsten NATO-Gipfel im Sommer 2022 verabschiedet werden. Bei dem Treffen in Riga werde man „eine Art Halbzeitbilanz ziehen“, so der Bundesaußenminister. Der aktuelle Meinungsaustausch gebe den Außenminister*innen die Gelegenheit, Richtung und Kernanliegen des Reformprozesses zu diskutieren. „Ich halte dies für ausgesprochen wichtig, weil wir auf diese Weise auch die Handlungsfähigkeit der NATO stärken“, betont Maas.
Darüber hinaus werde es auch um Afghanistan gehen. „Als erste internationale Organisation hat die NATO ihre Rolle in Afghanistan gründlich in einem internen Prozess analysiert“, so Maas. Das sei ein wichtiger Schritt bei der umfassenden Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes „und entscheidend dafür, dass wir die nötigen Lehren ziehen“. Maas erwartet hier eine „ehrliche Selbstreflexion“ und eine „offene Diskussion“. Der Anfang hierfür sei gemacht. „Wir sind als NATO-Partner entschlossen, den eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen“, betont der Bundesaußenminister.