International

Armut bekämpfen, globale Ungerechtigkeit überwinden

von Frank-Walter Steinmeier · 16. September 2009
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Die Entwicklungsländer selbst tragen an alledem keine Schuld. Aber unter den Folgen leiden sie am meisten.

Wir stehen solidarisch an der Seite der Entwicklungsländer. Und wir stehen zu unseren internationalen Verpflichtungen. Wir werden die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bis zum Jahr 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens steigern und bis 2015 werden wir endlich das 0,7-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen erreichen. So haben wir es im europäischen Stufenplan vereinbart, so werden wir es umsetzen. Das sind wir den ärmsten der Armen schuldig.

Eine zweite Schlussfolgerung aus der globalen Finanzkrise muss sein, dass wir mehr globale Regeln brauchen. Wir müssen die Globalisierung sozial und ökologisch gestalten. Wir brauchen eine globale Strukturpolitik. Wir brauchen faire Handelsbedingungen für Entwicklungsländer. Wir müssen endlich Schluss machen mit den schädlichen Agrarexportsubventionen. Außerdem brauchen wir eine konsequente Unterstützung der Entwicklungsländer, damit sie mit den Folgen des Klimawandels nicht allein gelassen werden.

Wir brauchen globale Regeln aber auch, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Entwicklungsländern und den Industrieländern nicht gegen einander ausgespielt werden. Wir brauchen beides: Sichere Arbeitplätze bei uns in Deutschland. Und eine faire Chance für die Menschen in den Entwicklungsländern.

Ich kann nur davor warnen, was eine schwarz-gelbe Regierung in diesem Politikbereich anrichten würde. Von der FDP wissen wir, dass sie die Entwicklungspolitik und damit den Kampf gegen Armut, Hunger und Kindersterblichkeit nicht in einem eigenen Ministerium vertreten wissen will. Einige FDP-Politiker fordern sogar, das Entwicklungsministerium ins Wirtschaftsministerium einzuordnen. Das dürfen wir nicht zulassen. Entwicklungspolitik darf nicht zum Lobbying für kurzsichtige Wirtschaftsinteressen verkommen. Ein eigenständiges Entwicklungsministerium mit Kabinettsrang kann die langfristigen Aufgaben der Armutsbekämpfung und der Gestaltung der Globalisierung sinnvoll verfolgen und hat sich bewährt.

Die Bundesregierung hat in den vergangenen zehn Jahren - unter sozialdemokratischer Leitung - für Entwicklungspolitik mehr Mittel bereitgestellt als je zuvor. Sie hat die Zusammenarbeit wirksamer gestaltet und auf weniger Länder konzentriert. Und die Entwicklungsministerin hat intensiver denn je mit der Zivilgesellschaft, mit den Kirchen und entwicklungspolitischen Verbänden zusammengearbeitet.

Gemeinsam können wir große Erfolge vorweisen: In Afrika gehen heute 29 Millionen Kinder mehr zur Schule als 1999. Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria hat dazu beigetragen, dass drei Millionen Menschenleben gerettet werden konnten. Anstatt drückende Schuldzinsen abzuzahlen, investieren nach den internationalen Entschuldungsinitiativen viele Entwicklungsländer heute in Bildung und Gesundheit.

Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise, vor allem aber der Klimawandel gefährden das Erreichte. Gerade angesichts drohender Wasserknappheit und Ernährungskrisen kann Entwicklungspolitik sich nicht wieder auf Brunnen- und Schulbau beschränken. Das wäre bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Regierungen und Zivilgesellschaft im Norden und Süden müssen gemeinsam daran weiterarbeiten, Strukturen so zu verändern, dass kommende Generationen in einer global gerechten Welt aufwachsen. Dafür werden wir arbeiten - ganz in der Tradition Willy Brandts.

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