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Anschläge in Brüssel: SPD-Europaparlamentarier kritisiert Sicherheitslücken

Nach den Anschlägen in Brüssel bleiben viele Fragen offen: Könnten solche Anschläge verhindert werden, wenn die Terrorismusbekämpfung EU-weit besser koordiniert würde? Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Gruppe im EU-Parlament, fordert ein Umdenken in Sachen europäischer Sicherheitspolitik.
von · 24. März 2016
Herr Bullmann, die Anschläge in Brüssel sind nun zwei Tage her – waren diese auch Anschläge auf Europa?

Die Anschläge von Brüssel waren brutale Attacken auf Menschen in Alltagssituationen. Sie trafen ihre Opfer in der U-Bahn und im Flughafen, zentrale Orte von Mobilität und Modernität, ohne die unser heutiges Leben kaum denkbar ist. Brüssel steht als Symbol für Europa und die europäische Demokratie. Wir alle müssen uns angegriffen fühlen.

Wie schon nach den Anschlägen in Paris wird auch jetzt die mangelnde Koordinierung der Terrorismusbekämpfung in Europa kritisiert. Welche Maßnahmen müssen konkret ergriffen werden, wo hakt es besonders?

Die mangelhafte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ist unerträglich. Es grenzt an Zynismus, wenn Innenminister wie im Affekt nach mehr Daten rufen, ohne die existierenden Informationen und Erkenntnisse besser auszutauschen. Der wechselseitige Informationsfluss muss systematisch funktionieren. Noch immer wird die europäische Polizeibehörde Europol nur unzureichend einbezogen. Das Schengener Informationssystem zur Personen- und Sachfahndung bekommt bei weitem nicht aus allen Staaten hinreichende Unterstützung. Dagegen ein Beispiel für aktionistische Halbherzigkeit: Zwar drängen die Mitgliedstaaten vehement auf ein europäisches Gesetz zur Erfassung von Fluggastdaten – der Austausch der gewonnenen Informationen soll aber keineswegs obligatorisch, sondern nur freiwillig erfolgen.

Was hat Europa dem IS-Terrorismus entgegenzusetzen? Kommen demokratische und freiheitliche Werte gegen Hass und Terror an?

Den IS-Terrorismus werden wir letztlich nur überwinden, wenn wir auf drei Ebenen erfolgreich sind: Die internationale Gemeinschaft muss Syrien, wie der gesamten Region, mit entschiedenem und gleichgerichtetem Handeln zu neuer Stabilität verhelfen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen Sicherheitspolitik, ebenso wie eine humane Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, als gemeinsame Angelegenheit begreifen. Die Werte der offenen Demokratie in der EU wie in den Mitgliedstaaten dürfen der terroristischen Bedrohung nicht geopfert werden. Eine robuste Antwort muss Sicherheitslücken beseitigen, darf keine Orte der Unregierbarkeit wie in Molenbeek zulassen. Aber hier hat nicht nur die Polizei versagt, sondern Staat und Gesellschaft, die nach jahrzehntelangen, teils erzwungenen Kürzungsorgien keine Anker der sozialen und kulturellen Integration mehr zur Verfügung stellen.   

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