Amnesty-Menschenrechtspreis: Auszeichnung für Mut und Beharrlichkeit
Ausreiseverbote hindern sie daran, den Preis selbst entgegenzunehmen: Am Montagabend hat Amnesty International den drei Gründerinnen des Nadeem-Zentrums zur Rehabilitation von Opfern von Gewalt und Folter, Aida Seif al-Dawla, Suzan Fayad und Magda Adly den Menschenrechtspreis verliehen.
Schließung des Zentrums
Als einziges Zentrum in Ägypten versorgt das Nadeem-Zentrum seit 1993 Menschen, die von staatlichen Sicherheitskräften gefoltert wurden. Neben der medizinischen und psychischen Versorgung bietet es auch juristische Unterstützung. Darüber hinaus dokumentieren die Menschenrechtsaktivisten Folter durch ägyptische Sicherheitskräfte.
Seit 2016 geht die Regierung von Abdel Fattah al-Sisi verstärkt gegen das Zentrum vor. Nachdem die Bankkonten des Nadeem-Zentrums 2016 eingefroren wurden, verschafften sich Sicherheitskräfte im Februar 2017 Zugang zum Zentrum und schlossen es. Das hindert die Ärzte und Therapeuten jedoch nicht daran, ihre Arbeit zu machen: Sie versorgen die Folteropfer seitdem außerhalb des Zentrums.
Vorbild für Menschenrechtsbewegung
„Wir nehmen sie persönlich und werden nicht aufhören, Folter öffentlich zu machen“, sagt Aida Seif al-Dawla über die Gewalt der Sicherheitskräfte in einer eingespielten Videobotschaft am Montagabend. Die Psychiaterin ist eine der Preisträgerinnen, denen die Ausreise verwehrt wird.
Stellvertretend für die Menschenrechtlerinnen nahm der ägyptische Arzt Taher Mokhtar den Preis in der Berliner Volksbühne entgegen. „Sie sind der Menschenrechtsbewegung in Ägypten ein Vorbild an Geduld und Beharrlichkeit“, sagte er über die Frauen des Nadeem-Zentrums. Der Arzt, der wegen seines Engagements für eine bessere medizinische Versorgung sieben Monate in Haft saß, arbeitete er selbst für das Nadeem-Zentrum. Anfang 2017 floh er jedoch aus Angst vor einer erneuten Verhaftung nach Frankreich
Auch Frank Schwabe, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion, zeigte sich in einem Tweet beeindruckt von den „mutigen Menschenrechtsverteidigerinnen“:
Bundesregierung soll Kritik üben
Im Rahmen der Veranstaltung forderte der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko, von der Bundesregierung eine entschlossene Haltung gegenüber Ägypten und öffentliche Kritik. Außerdem solle „ein weiterer Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ägypten mit einer wesentlichen Verbesserung der Menschenrechtslage verknüpft werden“, sagte Beeko.
Seit der ehemalige Militärchef Abdel Fattah al-Sisi 2013 an die Macht kam, habe sich die Menschenrechtslage in Ägypten weiter verschlechtert, berichtet Amnesty International. Zehntausende Menschen seien inhaftiert worden, darunter viele Aktivisten, Journalisten und Oppositionelle. Aufgrund der hohen Gefangenenzahl ließ die Regierung 19 neue Gefängnisse errichten und erlaubt durch ein neues Gesetz nur Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen, die von der Regierung genehmigt werden.