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Afghanistan-Einsatz: Was der Untersuchungsausschuss leisten soll

Der Bundestag hat einen Untersuchungsausschuss zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan eingerichtet. Im Juli soll eine Enquete-Kommission hinzukommen. Beide sollen Lehren ziehen, um künftig Fehler wie am Hindukusch zu vermeiden.
von Kai Doering · 23. Juni 2022
Evakuierung aus Kabul im August 2021: Der Bundestag will den Einsatz in Afghanistan aufarbeiten.
Evakuierung aus Kabul im August 2021: Der Bundestag will den Einsatz in Afghanistan aufarbeiten.

Es waren dramatische Bilder, die vor einem Jahr um die Welt gingen. Nachdem die USA im Mai 2021 damit begonnen hatten, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen, und die Sicherheit in die Hände der afghanischen Streitkräfte zu legen, eskalierte die Lage. Innerhalb weniger Wochen eroberten die Taliban große Teile des Landes zurück. Im August standen sie vor Kabul. Eine hektische Evakuierung von Botschaftsangehörigen und Ortskräften begann.

Stegner: Ein Kapitel, das aufgeklärt werden muss

„Es wirft Fragen auf, wie die afghanischen Streitkräfte so schnell überrannt werden konnten“, sagt Ralf Stegner. Der SPD-Abgeordnete soll den Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Evakuierungsoperation leiten, den der Bundestag am Donnerstag eingesetzt hat. Beleuchtet werden soll dabei auch, wie es in den Wochen zuvor zu einer falschen Einschätzung der Sicherheitslage kommen konnte und wo schlechte oder fehlende Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten möglicherweise zu falschen Entscheidungen geführt hat.

„Der Untersuchungsausschuss bietet die Chance, ein Kapitel aufzuklären, das aufgeklärt werden muss“, sagt Stegner. Das sehen auch die Ampel-Parteien so. „Wir wollen die Evakuierungsmission des Afghanistan-Einsatzes in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufarbeiten“, schreiben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag. Die gewonnenen Erkenntnisse müssten „praxisnah und zukunftsgerichtet aufbereitet werden, so dass sie in die Gestaltung zukünftiger deutscher Auslandseinsätze einfließen“.

„Es geht nicht primär um politische Verantwortung, sondern darum, Fehler in der Zukunft zu vermeiden“, betont auch Ralf Stegner und sagt: „Dieser Untersuchungsausschuss wird kein Kampfinstrument.“ Den 38 Punkte umfassenden Antrag zur Einsetzung des Ausschusses haben die Ampel-Fraktionen gemeinsam mit der Opposition von CDU und CSU erarbeitet.

Enqete-Kommission wird mindestens zwei Jahre arbeiten

Noch vor der Sommerpause soll zudem eine Enquete-Kommission zu Afghanistan eingesetzt werden. „Wir wollen die gesamten 20 Jahre des deutschen Engagements in Afghanistan untersuchen“, sagt Michael Müller, der die Enquete-Kommission leiten soll. „Wir wollen aus möglichen Fehlern Lehren ziehen“, benennt Müller das Ziel. Entscheidend sei der Blick nach vorn. „Das Ergebnis unserer Arbeit wird Grundlage sein für künftig politische Entscheidungen“, ist Müller sicher.

Enquete-Kommission und Untersuchungsausschuss sollen nach der parlamentarischen Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen. Akten in den beteiligten Ministerien und dem Bundeskanzleramt wollen Stegner und Müller aber schon vorab anfordern, um sich einlesen zu können. „Ich gehe davon aus, dass die Arbeit der Enquete-Kommission mindestens zwei Jahre dauern wird, eher länger“, sagt Müller. Bis zum Ende der Legislatur 2025 sei „die Aufgabe aber gut zu bewältigen“.

Ralf Stegner will kein Enddatum für das Ende der Arbeit des Untersuchungsausschusses nennen, ist sich aber sicher, dass sie schneller beendet sein wird als die der Enquete-Kommission. Dabei wollen die beiden SPD-Parlamentarier auch von der Arbeit des jeweils anderen profitieren. „Wo es nötig und möglich ist, werden wir gut kooperieren“, sagt Ralf Stegner.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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