Inland

Zwölf eigenständige Städte in Berlin? - Der SPD-Landesparteitag entscheidet heute über das politische Bezirksamt

von ohne Autor · 20. Juni 2008

Von Lars Haferkamp

Berlin, den 21. Juni 2008 - Zerfällt die Einheitsgemeinde Berlin in zwölf politisch eigenständige Teilstädte? Diese Schicksalsfrage für die Zukunft der Hauptstadt entscheidet heute der SPD-Landesparteitag. Dazu tagen zur Stunde die 232 Delegierten im Berliner Congress Centrum am Alexanderplatz.

Ihnen liegen drei Anträge zur Abstimmung vor. Ein Kompromiss-Antrag des Parteivorstands unter dem Titel "Zukunft des Verhältnisses zwischen Land und Bezirken". Er sieht vor, dass Bürgermeister und Stadträte in den Bezirken zwar von Koalitionen gewählt werden können, die jeweils stärkste Oppositionsfraktion dennoch Anspruch auf mindestens einen Stadtrat hat. Demgegenüber gibt es einen Antrag, der das reine politische Bezirksamt fordert, ohne jedes Beteiligungsrecht der Opposition. Ein weiterer Antrag spricht sich für die Beibehaltung des bisherigen Proporzsystems aus, nachdem bei der Besetzung der Stadträte alle Fraktionen entsprechend ihrer Stärke zum Zuge kommen.

"Mit allen drei Varianten kann man leben", so SPD-Landeschef Michael Müller im "Tagesspiegel". Die gewünschte Politisierung der Bezirke dürfe die Einheitsgemeinde Berlin nicht in Frage stellen. Die Bezirke dürften keine Gegenregierungen zum Senat etablieren und systematisch gegen die Landesregierung arbeiten. "Ich will keine zwölf eigenständigen Städte in Berlin", bringt Müller seine Haltung auf den Punkt.

Der Landesvorsitzende stellt sich zusammen mit dem kompletten Landesvorstand zur Wiederwahl. Die Wahlen dürften unspektakulär verlaufen, bisher gibt es keine Kampfkandidaturen. Auch über die Wahlvorschläge zum Europäischen Parlament soll entschieden werden.

Für Zündstoff im Vorfeld des Parteitags hat Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin gesorgt. Seine Äußerung er würde "auch für fünf Euro jederzeit arbeiten", hatte in der SPD Entrüstung und Rücktrittsforderungen an den Senator ausgelöst. Die SPD setzt sich gemeinsam mit den Gewerkschaften für einen Mindestlohn von 7,50 Euro ein. Sarrazin hat sich inzwischen für seine Worte entschuldigt. "Das war eine dämliche Äußerung. Das bedauere ich sehr, das war ein schwerer Fehler", so der Senator in ungewöhnlicher Zerknirschung.

Bevor es um die Berliner Landespolitik geht, hat jedoch der SPD-Parteivorsitzende, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, das Wort. Er wird eine Rede "für ein soziales und leistungsfähiges Deutschland" halten, die die SPD bundespolitisch positioniert. SPD-Landeschef Müller verteidigte zuvor den SPD-Chef. "Es gibt viel Unzufriedenheit" in der Partei", räumte Müller ein, "und fast alles wird ungerechterweise an Kurt Beck festgemacht". Mangelnde Geschlossenheit und Flügelkämpfe aber würden "von den Wählern nie belohnt".

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