Zschäpe lehnt Richter Götzl erneut ab
Zum Jahresende nimmt der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München noch einmal Fahrt auf. Die Verhandlungstage 163 bis 165 letzte Woche hatten es richtig in sich. Zunächst musste am Dienstag Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten in den Zeugenstand. Der Terrorismusexperte der Bundesanwaltschaft, der sonst mit roter Robe im NSU-Prozess sitzt, sagte über eine Vernehmung von Enrico T. im August 2012 aus. In dieser soll er den Zeugen unter Druck gesetzt haben. Tatsächlich hatte der hagere Jurist mit dem „tiefen entspannten“ Zeugen „geschimpft“, der seiner Ansicht nach „läppisch“ antwortete und sich „abweisend und sperrig“ gab. Dabei habe er seine Hand auf den Tisch fallen lassen. Diese Verhalten wurde jedoch von den Verteidigern nicht weiter moniert.
Der lange Weg der Mordwaffe
Spannender war da schon, dass Enrico T., eine zentrale Figur bei der Beschaffung der Mordwaffe Ceska 83, bei seiner Vernehmung durch Weingarten eingeräumt hatte, dass sämtlich NSU-Waffen von dem Schweizer Hans-Ulrich M. stammten. Die Äußerung bereute T. offenbar kurz danach wieder, weil er sich weigerte, das Protokoll zu unterschreiben. Für den Weg der Ceska 83 aus der Schweiz nach Thüringen in die Hände des NSU ist dies ein wichtiger Baustein. Hans-Ulrich M. bestritt allerdings in seiner Aussage, die am Dienstag vor Gericht verlesen wurde, je eine Ceska 83 besessen zu haben. Andererseits habe er mit zahlreichen schallgedämpften Waffen gehandelt.
Zu den zentralen Gliedern der Indizienkette der Anklage gehört die Ceska 83 mit Schalldämpfer, die im Brandschutt der explodierten Zwickauer Wohnung des NSU-Trios gefunden wurde. Deshalb ist auch der Nachweis wichtig, wie die Waffe in die Hände von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe kam. Der Verteidigung ist es bislang jedoch nicht gelungen, die Beweise zu erschüttern.
Krach zwischen Verteidigung und Nebenklage
Vielleicht ist die Stimmung im Münchener Gerichtssaal deshalb wieder so gereizt wie zu Beginn des Prozesses. Am Mittwoch jedenfalls krachte es ordentlich zwischen Verteidigern und Nebenklägern. Grund war die Vernehmung von Ralph H., dessen Personalausweis im Zwickauer Brandschutt gefunden worden war. Der Zeuge gab sich völlig ahnungslos. Bei der Befragung durch die Anwälte der Nebenklage kam es dann zum Eklat. Die Verteidiger beanstandeten immer wieder die Fragen, die dem Zeugen gestellt wurden. Immer wieder griff Richter Götzl ein und mahnte, dass das Verfahren aus dem Ruder laufe, wenn über jede Frage vorher diskutiert werden müsse.
Befangenheitsantrag gegen Götzl
Am Donnerstag stand die scheinbar harmlose Befragung eines Thüringer Polizisten auf dem Programm, der Beate Zschäpe 1996 vernommen hatte. Der Beamte konnte sich zwar nicht mehr an den Inhalt der Vernehmung Zschäpes erinnern, allerdings wusste er noch genau, dass er Smalltalk mit ihr gehabt habe. Als Richter Götzl begann aus dem Protokoll von 1996 zu zitieren, unterbrach ihn die Verteidigung und stellte einen Befangenheitsantrag. Es war bereits der sechste in dem Verfahren. Richter Götzl habe bei der Befragung den Eindruck erweckt, dass das Ergebnis der Hauptverhandlung in der Vorstellung des Vorsitzenden bereits feststehe. Über den Befangenheitsantrag will das Gericht in der kommenden Woche entscheiden.