Inland

Zahl der Angriffe auf Büros der SPD hat sich mehr als verdoppelt

Das politische Klima in der Bundespolitik wird rauer. Betroffen davon ist auch die SPD. Zahlen der Bundesregierung zeigen: Einrichtungen der demokratischen Parteien werden immer häufiger zum Ziel von Angriffen.
von Robert Kiesel · 12. November 2015
Attacken auf SPD-Büros
Attacken auf SPD-Büros

In Deutschland steigt die Zahl der Anschläge auf Büros von Parteien immer weiter an. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die tagesschau.de vorliegt. Demnach haben die Sicherheitsbehörden allein in den vergangenen fünf Jahren knapp 500 Angriffe auf Einrichtungen der im Bundestag vertretenen Parteien registriert. Im laufenden Jahr zählte sie bis Ende Oktober 54 Attacken. 2014 waren es über das gesamte Jahr 48 Angriffe.

Verdopplung der Fälle zwischen 2014 und 2015

Am häufigsten von den Angriffen betroffen ist nach der Linkspartei die SPD. Von 2010 bis 2015 registrierten die Behörden insgesamt 75 Attacken, allein 13 davon im Jahr 2015. Zum Vergleich: 2014 waren es fünf Angriffe.

Der jüngste Fall ereignete sich erst vor wenigen Tagen im Berliner Stadtteil Baumschulenweg. Dabei wurde die Fassade am Wahlkreisbüro von Matthias Schmidt mit einem Galgen beschmiert. Daran hängt ein Mensch, vermutlich als Symbol für den Bundestagsabgeordneten aus Treptow-Köpenick. Zusätzlich hinterließen die Täter den Schriftzug „Verräter“ und „Verräterpartei“. Schmidt stellt Anzeige gegen Unbekannt. Auf Facebook und Twitter solidarisierten sich daraufhin zahlreiche Menschen mit Matthias Schmidt, unter anderem der Vorsitzende der Berliner SPD, Jan Stöß:

Chronik der Gewalt gegen Büros der SPD

Neben Matthias Schmidt sahen sich in den vergangenen Wochen und Monaten zahlreiche SPD-Vertreter mit Angriffen konfrontiert. Ein Überblick:

Taten müssen nicht rechtsextrem motiviert sein

Dass Angriffe auf SPD-Büros nicht zwangsläufig rechtsextrem motiviert sein müssen, zeigt unter anderem eine Attacke auf das SPD-Parteigebäude in Göttingen. Mutmaßlich aus der linksextremen Szene stammende Täter hatten dort am 7. Juli 2015 einen Brandanschlag verübt. Sie warfen mit Pflastersteinen ein Fenster eines Reisebüros im Erdgeschoss ein und schmissen entzündete Bengalische Feuer in das Gebäude, in dem sich unter anderem ein Büro von Thomas Oppermann, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, befindet. An der Fassade hinterließen die Täter Schmiereien mit Bezug auf die infolge der Euro-Krise auferlegten Sparprogramme für Griechenland. Mindestens ein ähnlich gelagerter Angriff richtete sich gegen das Gebäude der SPD in Frankfurt/Main.

Von der Antwort der Bundesregierung unberührt bleiben Angriffe auf Einrichungen von nicht im Bundestag vertretenen Parteien wie beispielsweise der AfD. Auch diese wurde in der vergangenen Zeit mehrfach Opfer von Angriffen, zuletzt Anfang November im Vorfeld einer angekündigten Großdemonstration in Berlin.

Bundesregierung sieht keine „systematische Einschüchterung“

Die Bundesregierung gibt sich in ihrer Bewertung des Anstiegs der Fallzahlen eher zurückhaltend. Laut tagesschau.de stellt sie fest, dass Politiker - als Repräsentanten des von Rechtsextremisten verhassten demokratischen Staates - grundsätzlich ein relevantes Feindbild darstellen. „So dürfte gegenwärtig insbesondere die Agitation gegen Politiker im Zusammenhang mit ihrem Verhalten in der Flüchtlingsthematik an Bedeutung gewinnen.“ Einen bundesweiten Trend zur systematischen Einschüchterung sieht die Regierung aber nicht.

Im Gegensatz dazu warnen Experten und Beobachter schon lange davor, dass Hetze und Stimmungsmache gegen Flüchtlinge, wie derzeit immer wieder auf Veranstaltungen von Pegida wie AfD zu beobachten, zu einer Polarisierung der Gesellschaft sowie zu einer Radikalisierung der rechtsextremen Szene beitragen. Angesichts von Attacken wie der auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprechen sie sogar von der Gefahr eines neuen rechten Terrors.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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