Inland

Wonnemonat Dezember

von Fréderic Verrycken · 27. Juli 2009
placeholder

Bedeutet der Siegeszug der Neuen Medien den Tod des klassischen Briefs?

Den Tod sicher nicht. Eine Welt ganz ohne Briefe ist nicht vorstellbar. Aber die Briefmengen gehen pro Jahr zurzeit um zwei Prozent zurück. Zugleich werden eMail und SMS immer beliebter. Deswegen wollen wir die Möglichkeiten der elektronischen Welt nutzen und diese mit dem klassischen Brief kombinieren. Wir arbeiten an einem elektronischen Brief, der sicherstellt, dass ein vertrauliches Schreiben verlässlich und sicher ankommt. Auch wer für das neue Produkt nicht registriert ist oder über keine eMail-Verbindung verfügt, erhält Post. Der Kunde liefert seine Nachricht elektronisch ein und wir drucken sie aus, kuvertieren sie und stellen sie zu. Und auch andersherum kann ein klassischer Brief eingeliefert werden, der sicher elektronisch zugestellt wird.
Gleichwohl bedeutet der Rückgang im klassischen Briefgeschäft enormen Anpassungsdruck. Je früher wir gemeinsam mit der Gewerkschaft zu Lösungen kommen, desto besser. Hierzu brauchen wir auch die Unterstützung der Politik.

Hat neben dem Erfolg von eMail und sms auch die Finanzkrise Auswirkungen?

Die strukturellen Probleme im Briefgeschäft sind unabhängig von der aktuellen Krise. Richtig ist aber, dass sie die Entwicklung der letzten Jahre noch verschärft hat. Der Umfang der Werbepost ist stark von der Konjunktur abhängig. Zudem hat sich der wirtschaftliche Druck durch zunehmenden Wettbewerb seit der Liberalisierung des Briefmarktes verschärft.

Inwiefern werden die Beschäftigen im Briefbereich betroffen sein? Sie planen doch die Ausdünnung der Briefzustellung am Montag und die Schließung von Briefzentren im Sommer...

Es gibt keine einfache Lösung, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Ich kann nur appellieren, dass wir mit der Gewerkschaft so schnell wie möglich an einen Tisch kommen. Am Ende kann es nur eine Paketlösung geben, ausgehend von der Prämisse, dass wir die berufliche Existenz der unbefristet Beschäftigten sichern wollen und dass wir die notwendigen Anpassungen so schonend wie möglich umsetzen. Aber ich bitte um Verständnis, dass ich das, was notwendig ist, zunächst mal mit ver.di und den Betriebsräten besprechen möchte. Wir sind ja auch an den geltenden Tarifvertrag gebunden.

Aber bei den in der Öffentlichkeit bekannten Vorschlägen bleibt es?

Klar ist, dass wir handeln müssen. Ich setze aber auch auf kreative Lösungen, wenn wir zusammensitzen

Wie werden die Kunden von ihren Planungen betroffen sein?

Wir wollen auch in Zukunft unseren Kunden die gewohnte gute Qualität bieten. Wir prüfen im Juli und August - den sendungsschwächsten Monaten - wie wir unser Zustellnetz anpassen können, ohne Leistungen für die Kunden einzuschränken. Es bietet sich an, die Arbeit im Sommer auf weniger Sortierzentren zu konzentrieren. Darüber hinaus ist es aufgrund der geringen Sendungsmengen möglich, Zustellbezirke zusammenzulegen. Einige Kollegen werden dafür den Montag frei haben, andere müssen dann zeitweise zwei Zustellbezirke bedienen. Die konkrete Umsetzung erfolgt vor Ort. Aber wir sind auch für weitere Vorschläge, um Kosten zu reduzieren und die Produktivität zu steigern, offen. Denn mit jeder Maßnahme, die wir umsetzen können, lässt der Druck auf das Briefgeschäft nach.

Und vor Weihnachten gibt es dann wie in den letzten Jahren auch wieder eine personelle Verstärkung?

Mit Sicherheit. Ich bin überzeugt, dass wieder fleißig Weihnachtskarten und Briefe geschrieben werden, sodass wir ordentlich zu tun haben.

Wie wollen Sie die Gewerkschaft bei Ihren Plänen mit ins Boot holen?

Ich setze da auf Ausdauer, Geduld und Rationalität. Die Gewerkschaft kennt doch die tiefen strukturellen Probleme im Briefbereich: einen schrumpfenden Markt, die Folgen der Deregulierung, die Tatsache, dass wir gegenüber dem zunehmenden Wettbewerb bis zu 60 Prozent höhere Personalkosten haben. Davor kann man doch die Augen nicht verschließen. Wir wollen gemeinsam mit ver.di Lösungen finden. Aber wir brauchen auch die Unterstützung der Politik, da das Briefgeschäft vielfältigen gesetzlichen Regelungen unterliegt.

Aber die Fronten sind doch nach wie vor verhärtet...

Es darf doch keinen überraschen, dass wir von unterschiedlichen Positionen kommen. Meine Aufgabe als Personalvorstand besteht darin, das strukturelle Problem möglichst frühzeitig anzugehen. Wir haben es doch in der Vergangenheit auch geschafft. Seit der politischen Entscheidung der Liberalisierung des Briefmarktes haben wir eine Menge an Umstrukturierungen gemeinsam auf den Weg gebracht. In den derzeitigen Strukturen ist unser Briefgeschäft nicht zukunftssicher und ich sage auch ganz deutlich, das müssen wir jetzt ändern.

Wird denn derzeit schon miteinander gesprochen?

Es gibt durchaus einen Gesprächsfaden.

Autor*in
Fréderic Verrycken

Chefredakteur der DEMO, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf

0 Kommentare
Noch keine Kommentare