Wohnraum für alle statt Glück für wenige
Vor zwei Jahren bin ich nach Frankfurt gezogen, um an der Goethe-Universität Germanistik und Geschichte zu studieren. Doch damit ich überhaupt hierher ziehen konnte, war eines von elementarer Bedeutung: bezahlbarer Wohnraum. Ich gehöre zu denen, die Glück hatten. Und von Glück muss man hier sprechen, denn die Situation sieht so aus: maßlos überteuerte WG-Zimmer, Wohnungen weit außerhalb der Stadt und ellenlange Wartelisten beim Studierendenwohnheim. Nach monatelangem Suchen fand ich schließlich ein WG-Zimmer. Zentral, 16 Quadratmeter, fast 400 Euro Miete.
Das bedeutet „Glück gehabt“ hier. Glück gehabt, weil viele meiner Kommiliton*innen in den Vororten weit außerhalb wohnen müssen und dabei mitunter nicht einmal weniger zahlen als ich. Glück gehabt, weil manche meiner Kommiliton*innen zwischen der Stadt, in der sich zuvor ihr Lebensmittelpunkt befand, und Frankfurt pendeln, weil sie immer noch nichts Bezahlbares gefunden haben. Glück gehabt, weil ich Studierende kenne, die sich von Zwischenmiete zu Zwischenmiete hangeln, weil das günstiger ist.
Geldsorgen sind nicht cool
Die bisweilen romantisierte Vorstellung eines coolen Studi-Lebens, bei dem es eben dazugehört, dass das Geld nach dem Zahlen der Miete am Anfang des Monats erstmal knapp ist, verschleiert, dass es hier um existenzielle Fragen geht.
Es ist nämlich nicht cool, wenn das BAföG – sofern man überhaupt zu den Glücklichen gehört, die welches erhalten – nicht einmal reicht, um die monatlichen Fixkosten zu begleichen. Es ist nicht cool, wenn man die Eltern regelmäßig um Geld bitten muss, weil es mal wieder nicht reicht – obwohl sie selbst auch nicht genug haben und man gerne von ihnen unabhängig wäre. Und es ist auch nicht cool, wenn man gezwungenermaßen neben dem ohnehin schon vollgepackten und mit vielen Prüfungsleistungen ausgestatteten Studium noch vier Mal die Woche arbeiten muss, damit es finanziell irgendwie reicht – obwohl man sich viel lieber intensiv mit Studieninhalten auseinandersetzen würde.
Finanzielle Sorgen und Lohnarbeitszwänge
Nun kann man sagen, das ist eben Frankfurt. Da sind die Mieten einfach besonders hoch. Dabei ist der Mangel an bezahlbarem, sozialem Wohnraum überall, mindestens aber in den großen Städten und Hochschulstandorten, eklatant. Einige meiner Freund*innen haben sich aus finanziellen Zwängen gegen ihren Wunschstudienort entschieden und leben und studieren in der Stadt, in der sie aufgewachsen sind – weil das Wohnen bei den eigenen Eltern keine Kosten verursacht. Und spätestens da wird klar, warum der Mangel an bezahlbarem Wohnraum eine existenzielle Frage ist: Es kann doch kein Zustand sein, dass Menschen nicht dort studieren können, wo sie gerne studieren würden, weil die Mietkosten so derart hoch sind. Finanzielle Sorgen und Lohnarbeitszwänge gehören für die meisten Studierenden zur alltäglichen Lebensrealität.
Aber Wohnungsnot betrifft natürlich nicht nur Studierende, sondern auch Auszubildende, Familien, Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen und Geflüchtete. Gerade in der aktuellen Situation muss dabei klar sein, dass Betroffene nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Was nötig ist, sind massive Investitionen in den Neubau von sozialem, günstigem Wohnraum, die Nutzung von Leerstand und in Bezug auf Studierende insbesondere der Ausbau von Wohnheimen.
Denn ich will kein Glück haben. Ich will bezahlbaren Wohnraum für alle!
studiert Germanistik und Geschichte an der Goethe-Uni in Frankfurt und ist Mitglied im Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen.