Wirbel um geplanten Auftritt von Heiko Maas in Dresden
Thomas Koehler/photothek.net
Wirklich gute Erinnerungen verbindet Bundesjustizminister Heiko Maas mit Sachsen wohl eher nicht. Es war der 1. Mai 2016, als der aus dem Saarland stammende SPD-Politiker die Stadt Zwickau nach einem Auftritt beim Deutschen Gewerkschaftsbund fluchtartig verließ. Zuvor hatte sich eine aufgebrachte Menschenmenge erst versammelt und später massiv gegen Maas gehetzt. Körperliche Attacken konnten nur durch die eingesetzten Polizisten verhindert werden. „Hier geht die Streitkultur unserer Demokratie vor die Hunde“, bilanziert Maas das Geschehen ein Jahr später in seinem Buch „Aufstehen statt wegducken – Eine Strategie gegen Rechts“.
AfD und Pegida mobilisieren gegen Heiko Maas
Am kommenden Montag könnte es für Maas erneut unangenehm werden. Auf Einladung des Instituts für Kommunikationswissenschaft an der Technischen Universität (TU) Dresden soll Maas zum Thema „Fake News und Hate Speech im Social Web“ sprechen. Rechte Initiativen und Bündnisse, darunter Pegida und die AfD Sächsiche Schweiz-Osterzgebirge, machen dagegen mobil. Im Internet trommeln sie Mitglieder und Anhänger zu Mahnwachen und Demonstrationen anlässlich des Maas-Auftritts in Dresden zusammen. Pegida-Vizechef Siegfried Däbritz hatte bei der jüngsten Versammlung des Bündnisses angekündigt, Maas „angemessen“ begrüßen zuwollen. Er solle seine „Laufschuhe“ mibringen, so Däbritz weiter. Insgesamt sind rund um den geplanten Auftrittsort an der TU Dresden bislang fünf Demonstranten angemeldet, eine davon durch die Hochschulgruppe der Jusos in Dresden.
Wie aufgeladen die Stimmung in Dresden werden könnte, lässt sich in Kommentarspalten sozialer Netzwerke ablesen. Unter einem zur Mobilisierung gegen den Maas-Auftritt in Dresden auf Youtube veröffentlichten Video lassen Nutzer ihrem Hass freien Lauf. Vom „Volksverräter“ Heiko Maas ist da die Rede, die Drohung „Wir kriegen euch, Elite!!! Eure Bunker werden euch nicht schützen“ wird von einem anderen User mit dem Kommentar „Dann gibt es keine Gnade.“ beantwortet. Selbst vor der Aussage „In Dresden gibt es doch genügend Masten“, schreckt einer der Kommentatoren nicht zurück. Neun anderen gefällt das.
Heiko Maas: Feindbild der rechten Szene
Besonders zynisch: Eben jene Radikalisierungstendenzen innerhalb sozialer Netzwerke, die nicht selten in körperlicher Gewalt münden, will Maas bekämpfen. Sein entschlossenes Vorgehen gegen Hass und Hetze im Netz hat Maas überhaupt erst zum Feindbild von Mitgliedern der rechten Szene werden lassen. Das von ihm initiierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, welches Betreiber von social-media-Plattformen wie Facebook oder Twitter im Umgang mit strafrechtlichen Inhalten stärker in die Pflicht nehmen soll, wird von den Maas-Feinden als „Zensurgesetz“ diskreditiert. Maas wolle die Meinungsfreiheit beschränken, heißt es in den Reihen seiner Gegner, die darunter vor allem die Freiheit zur Beleidigung und Bedrohung politischer Gegner zu verstehen scheinen. Die für Montag geplante Protestveranstaltung der AfD gegen den Maas-Auftritt wird unter dem Titel „Meinungsfreiheit: das Maas ist voll!“ beworben.
Ob und wo die Veranstaltung am Ende tatsächlich stattfinden wird, ist derzeit noch unklar. Medienberichten zufolge erklärte TU-Sprecherin Kim-Astrid Magister am Donnerstag, dass aktuell nach einem Ausweichort für die Vorlesung gesucht werde. Als Begründung nannte sie zeitgleich stattfindende Prüfungen, die durch den zu erwartenden Aufruhr nicht gestört werden sollten.
Küchentisch-Tour macht Halt in Zwickau
Update: Ebenfalls für den kommenden Montag plant Heiko Maas die Teilnahme an der sogenannten „Küchentisch-Tour“ der SPD-Sachsen. Aus diesem Anlass wird Maas erneut nach Zwickau reisen und sich dort gemeinsam mit der sächsischen SPD-Generalsekretärin Daniela Kolbe und dem Landtagsabgeordneten Mario Pecher Fragen der Bürger stellen. Auch gegen diesen Auftritt wird in rechten Kreisen mobilisiert. Die „Bürger Offensive Deutschland“ ruft auf Facebook dazu auf, „den Führer in die neue Diktatur“ zu begrüßen. vorwärts.de wird von beiden Auftritten berichten.