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Wiederaufbau nach Flutkatastrophe: Das steht im Gesetzentwurf

Es ist ein milliardenschweres Projekt: Der Wiederaufbau nach der verheerenden Flutkatastrophe im Juli. Mit dem Gesetzentwurf dazu hat sich jetzt erstmals der Bundestag befasst. Er enthält weit mehr als nur einen Aufbaufonds.
von Carl-Friedrich Höck · 25. August 2021
Große Zerstörung im Landkreis Ahrweiler nach der Flutkatastrophe.
Große Zerstörung im Landkreis Ahrweiler nach der Flutkatastrophe.

Das Hochwasser im Juli 2021 hat ganze Landstriche zerstört, vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Mit den Folgen befasst sich jetzt der Deutsche Bundestag. Das Parlament hat am Mittwoch in erster Lesung einen Gesetzentwurf der schwarz-roten Koalition besprochen. Dieser sieht vor, dass der Bund ein Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“ in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro einrichtet.

Wiederaufbau als „nationale Aufgabe”

Mit dem Geld sollen Hilfen für Privathaushalte, Unternehmen und andere Einrichtungen sowie Wiederaufbau-Maßnahmen in den betroffenen Regionen finanziert werden. Im Gesetzentwurf heißt es dazu: „Die Beseitigung der durch den Starkregen und das Hochwasser entstandenen Schäden und der infrastrukturelle Wiederaufbau in den betroffenen Regionen sind eine nationale Aufgabe von großer finanzieller Tragweite.“

Bei der Finanzierung des Fonds wird der Bund in Vorleistung gehen. Einen Teil der Mittel sollen die Länder dem Bund im Laufe der Jahre erstatten. Dazu treten sie bis zum Jahr 2050 Anteile an der Umsatzsteuer an den Bund ab – in Höhe von rund 233 Millionen Euro jährlich. Die Wiederherstellung von bundeseigener Infrastruktur – zum Beispiel Bundesstraßen – soll der Bund gesondert bezahlen und nicht aus dem Aufbaufonds finanzieren.

Was neben Aufbauhilfe noch beschlossen wird

Neben dem Aufbaufonds enthält der Gesetzentwurf noch eine ganze Reihe weiterer Änderungen:

  • Kommunen erhalten zwei Jahre mehr Zeit, um Fördermittel abzurufen. Das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (bundesfinanzministerium.de) wird entsprechend geändert. Der Grund: Wegen der Hochwasserkatastrophe und der Corona-Pandemie konnten die Förderprogramme nicht wie ursprünglich geplant umgesetzt werden.
  • Die Insolvenzpflicht wird unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend ausgesetzt. Nämlich dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ihre Ursache in der Flutkatastrophe hat. Eine weitere Bedingung: Es muss eine begründete Aussicht auf Sanierung bestehen.
  • Darüber hinaus wird der Pfändungsschutz angepasst, damit Soforthilfen auch tatsächlich die vom Hochwasser Betroffenen erreichen und nicht auf einem Pfändungsschutz-Konto eingefroren werden.
  • Die Bevölkerung soll künftig besser vor Katastrophen gewarnt werden. Mobilfunkbetreiber werden verpflichtet, das sogenannte CB-System einzuführen. Damit können Warnungen an alle Mobiltelefone ausgesendet werden, die in einer bestimmten Funkzelle eingebucht sind. Dazu wird das Telekommunikationsgesetz geändert.
  • Das Bauplanungsrecht wird geändert, damit leichter temporäre mobile Unterkünfte errichtet werden können. Dort sollen vom Hochwasser betroffene Bürger*innen untergebracht werden können, aber auch Rathäuser, Schulen oder Kitas.
  • Geändert wird auch das Allgemeine Eisenbahngesetz und das Bundesfernstraßengesetz. Damit „können bauliche Umgestaltungen und wesentliche Änderungen am Grund- und Aufriss ohne Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens bzw. eines Plangenehmigungsverfahrens durchgeführt werden, wenn dies aus Gründen der Resilienz gegen künftige Naturereignisse geboten ist“, schreiben die Koalitionsfraktionen im Gesetzentwurf.
  • Im Zuge des Gesetzgebungsverfahren wird außerdem das Infektionsschutz-Gesetz angepasst. Damit werden die 3G-Regeln generell für alle Menschen eingeführt, die aus dem Ausland einreisen. Sie müssen also genesen, geimpft oder getestet sein.

Debatte im Bundestag

Mehr als 180 Menschen sind infolge der Hochwasser-Katastrophe gestorben. „Das Leid können wir nicht lindern und wir können auch nicht trösten“, sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) während der Bundestagsdebatte. Man könne aber Solidarität zeigen und Hilfe leisten. „Das ist eine Angelegenheit des ganzen Landes und wir stehen an dieser Stelle zusammen.“ Scholz erinnerte auch an die Unterstützung, die Feuerwehr, THW, Bundeswehr und viele Bürgerinnen und Bürger vor Ort erbracht hätten. Diese Solidarität sei „eine ermutigende Botschaft für die Zukunft unseres Landes“.

Die Katastrophe sei auch eine Folge des menschengemachten Klimawandels, merkte Scholz an. „Und es kann an dieser Stelle nicht zur Tagesordnung übergegangen werden.“ Er mahnte an, die Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel zu verstärken und zum Beispiel den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. „Und wir müssen gleichzeitig den Menschen helfen, die sich auf solche Wetterereignisse vorbereiten“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Der Vizekanzler zeigte sich dankbar, dass es trotz Wahlkampf gelungen sei, die Aufbauhilfe parteiübergreifend auf den Weg zu bringen.

Der Gesetzentwurf soll nun im Haushaltsausschuss weiter beraten werden. Der Bundestag tritt am 7. September wieder zusammen. Am 10. September wird sich der Bundesrat mit der Aufbauhilfe befassen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der DEMO

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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