Inland

Wie weiter Berlin?

von Karsten Wiedemann · 20. Oktober 2006
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Helmut Seitz, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der TU Dresden, schlug in einem Interview mit dem RBB-Inforadio vor, Berlin könne bei den Ausgaben für die Kultur viel Geld einsparen. Ins Blickfeld geriet zudem der Verkauf von städtischem Vermögen, wie zum Beispiel den Vivantes-Kliniken.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Berlin in seinem Urteil empfohlen, die landeseigenen Wohnungen zu verkaufen. Ein Verkauf könnte geschätzte 5 Milliarden Euro einbringen. Der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisierte den Vorschlag der Karlsruher Richter. DMB-Direktor Franz-Georg Rips betonte, Wohnungsverkäufe könnten kein Mittel zur Haushaltssanierung sein. Der Erlös würde schnell wieder durch höhere Ausgaben bei Unterkunftskosten für einkommensschwache Mieter aufgebraucht.

PDS: Land nicht kaputt sparen

Ob ein Verkauf durchzusetzen wäre, ist ohnehin fraglich. Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sagte der "Berliner Morgenpost" zwar, man werde sehen, "ob wir die Dinge, die jedem lieb und teuer sind, auf die Dauer werden erhalten können".

Der alte und neue Koalitionspartner PDS lehnt einen Wohungsverkauf jedoch ab. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) sagte im RBB-Inforadio, das Urteil können nicht bedeuten das Land kaputt zu machen, "soziale Leistungen und Infrastruktur müssen erhalten bleibe", so Wolf.

Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sieht wenig Spielraum noch mehr Geld zu sparen. Alle Ausgaben würden zwar überprüft, bei vielen Punkten wie zum Beispiel dem Wohngeld gebe es aber keine Alternativen. Wowereit hält zudem am kostenfreien dritten Kita-Jahr fest. Die Einführung von Studiengebühren lehnt er ebenfalls ab.

Länderchefs gegen Defizitverfahren

Der Urteil der Karlsruher Richter hat eine Debatte um den Umgang mit der Verschuldung der öffentlichen Haushalte entfacht. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Barbara Hendricks (SPD), forderte ein Gesetz, mit dem eine hohe Verschuldung der Länder verhindert werden soll. Sie brachte Sanktionen analog dem EU-Defizitverfahren ins Spiel.

Die Ministerpräsidenten der Länder begrüßten es zwar, dass die Richter in Karlsruhe dem Land Berlin eine Finanzspritze verwehrten, ein Defizitverfahren lehnen sie aber einhellig ab. "Es geht den Bund schlichtweg nichts an, wie die Länder, die ja selbstständige Staaten sind, ihre Haushalte aufstellen", so der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).

Karsten Wiedemann

Quelle: Berliner Morgenpost (20.10.06), Financial Times Deutschland (20.10.06), Der Tagesspiegel (20.10.06), www.inforadio.de, www.tagesschau.de, dpa, www.mieterbund.de

Autor*in
Karsten Wiedemann

Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie

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