Es ist eine der spannendsten Fragen dieses Wahlabends: Kommt die „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Bundestag? Zieht damit zum ersten Mal seit 1949 eine Partei rechts von der Union ins deutsche Parlament? Und wie weit rechts steht diese Partei?
Bis zum Wahltag waren die Demoskopen unsicher: Schafft die AfD den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde? Zwischen 2,5 und 5 Prozent rangierte die Partei in den Umfragen. Doch die Institute machten von Anfang an klar, der AfD-Stimmenanteil könnte deutlich größer sein. Denn die Anhänger von Protestparteien bekennen sich oft nicht zu ihrer Präferenz. Laut Allensbach konnten sich vor der Wahl 17 Prozent der Deutschen vorstellen, die AfD zu unterstützen. Sogar 22 Prozent begrüssten die Bildung der Rechtsaußen-Partei.
Doch wie weit rechts außen steht die „Alternative für Deutschland“? Darüber herrscht Uneinigkeit: zwischen Politikwissenschaftlern, Journalisten und den Parteien. Die AfD eindeutig zu charakterisieren fällt schwer. Nach ihrer Gründung Anfang diesen Jahres hat sie zu vielen Fragen noch keine Position bezogen. Der innerparteiliche Klärungsprozess ist noch lange nicht abgeschlossen.
Ja zum Markt, nein zum Euro
Rechtspopulistisch, antieuropäisch, nationalkonservativ, marktradikal, so lauten die gängigsten Bewertungen zur AfD. Schaut man sich die Beschlüsse der AfD genau an, findet man für jede dieser Zuschreibungen Belege. Da ist die Forderung nach der Abschaffung des Euro und der Renationalisierung politischer Entscheidungen in Europa. Weiter fordert die AfD die Senkung des Spitzensteuersatzes auf 25 Prozent und die Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Mehr Markt, weniger Staat will die AfD. Der Staat soll zurückgedrängt werden, die Bildung wird zur „Kernaufgabe der Familie“ erklärt, die Schulen nur noch „sinnvoll ergänzen“ sollen. Bewusst bemüht sich die AfD durch eine gemäßigte Programmatik, den Eindruck zu verwischen, eine rechtspopulistische Partei zu sein.
Wenig überzeugend gelingt ihr die Abgrenzung nach Rechtsaußen bei den eigenen 16.000 Parteimitgliedern. So gibt es einen Zustrom hunderter ehemaliger Mitglieder der „Republikaner“ und besonders der Rechtsaußen-Partei „Die Freiheit“. Einen Aufnahmestopp lehnt AfD-Chef Bernd Lucke ab. Aus Protest gegen diesen Kurs Luckes sind zwei nominierte Bundestagskandidaten der AfD inzwischen aus der Partei ausgetreten. Sie kritisieren, „dass Mitglieder aus Parteien mit rechtspopulistischen Motiven unkontrolliert aufgenommen werden“.
Wachsender Einfluss rechter Agitatoren
Inzwischen räumen auch führende AfD-Politiker ein, dass die Partei hier ein wachsendes Problem hat. So bekennt der Hamburger AfD-Landesvorsitzende Jörn Kruse: „Es lässt sich leider nicht leugnen, dass sich in mehreren Ländern systematisch rechte Gruppen formieren, die auf Inhalte und Image unserer Partei Einfluss nehmen wollen.“ Die rechten Agitatoren seien zudem noch „gut vernetzt und sehr aktiv“.
Dennoch wehrt sich AfD-Chef Bernd Lucke in den Medien heftig gegen eine Rechtsaußen-Verortung seiner Partei. „Nichts rechts, nichts links“ sei die AfD, beteuert er. Doch es ist kaum eine Forderung in ihrem Programm zu finden, die man im politischen Spektrum als „links“ verorten könnte. Es gibt auch keinen Zustrom von ehemaligen Parteimitgliedern aus dem linken Spektrum.
„In der Mitte der Gesellschaft“ stehe seine Partei, behauptet AfD-Chef Lucke. Doch das ist vor allem eine strategische Behauptung. Sie hat zwei Ziele: die Zahl der Wähler zu maximieren und das Image des Rechtspopulismus zu minimieren. Denn bisher hatten in Deutschland eindeutig rechtspopulistische Parteien keinen dauerhaften Erfolg. Bisher.