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Wie SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in Hannovers Nordkurve punktet

In Hannover zeigt sich Olaf Scholz in allen Politikfeldern sattelfest: im VW-Werk, im Sportverein, im Seniorenheim und beim Stammtisch mit Kulturschaffenden. Dabei weicht der SPD-Kanzlerkandidat auch unangenehmen Fragen nicht aus. Das überzeugt.
von Lothar Pollähne · 06. July 2021
In Hannovers Traditionsbiergarten „Nordkurve“ in der Nähe des Fußballstadions: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor 300 Zuhörer*innen.
In Hannovers Traditionsbiergarten „Nordkurve“ in der Nähe des Fußballstadions: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor 300 Zuhörer*innen.

Dafür sind die Corona-Beschränkungen nur bedingt ausschlaggebend: die Schlange vor der „Nordkurve“, dem Traditionsbiergarten am Stadion der „Roten“. So werden die Fußballer von Hannover 96 in der niedersächsischen Landeshauptstadt liebevoll genannt. Am Montag allerdings wird hier nicht auf Anstoß oder Abpfiff gewartet, sondern auf Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. 300 Gäste sind zugelassen und sie bekommen einiges „auf die Ohren“.

Da in diesem Jahr nicht wie gewohnt das Schützenfest stattfindet, wird diese Traditionsveranstaltung kurzerhand in die „Nordkurve“ verlegt und Olaf Scholz und Stephan Weil vom Fanfarenzug der Schreberjugend „in die Arena“ geleitet mit dem treffenden Lied „Er gehört zu mir“. Olaf Scholz geniesst diese Begrüßung sichtlich und Stephan Weil tanzt gar ein wenig auf der Bühne herum. Damit ist der Funke auch auf die 300 Gäste übergesprungen.

Der Kanzlerkandidat wird „gegrillt“

Begonnen hat der Tag mit einem Besuch der IGS Langenhagen, wo 150 Schüler*innen den Kandidaten und den Ministerpräsidenten kompetent und gut informiert „grillen“, etwa zum Thema „Wirecard“. Olaf Scholz und Stephan Weil meistern die Prüfung je nach ihrem Temperament: Scholz eher sachlich und Weil mit dem ihm eigenen Witz. Der Besuchstag in Hannover umfasst Stationen für alle wesentlichen Politikfelder, ein Seniorenheim wegen der Rentenfragen, einen Sportverein, der ein „Dankeschön-Fest“ für Freiwillige veranstaltet, das VW-Nutzfahrzeuge-Werk, wo Scholz und Weil mit Betriebsräten und Werksleitung über die Zukunft der Arbeit diskutieren und kurz vor dem Besuch der „Nordkurve“ einen kleinen Stammtisch mit Kulturschaffenden.

Der Abend unter freiem Himmel ist nach diesem randvollen Tag die pointierte Zusammenfassung der gewonnenen Eindrücke. Moderiert von der Bundestagsabgeordneten Yasmin Fahimi und dem hannöverschen SPD-Ko-Vorsitzenden Adis Ahmetovic, der im September ebenfalls in den Bundestag einziehen will, präsentieren sich Olaf Scholz und Stephan Weil kurz und prägnant.  „Die Wahl im September wird eine ziemliche Weichenstellung. Wie werden die 2020er Jahre mit einer SPD, die die Regierungskoalition formt? Halten wir zusammen, wollen wir eine gemeinsame Zukunft, können wir den Menschen die Angst vor der Zukunft nehmen und sicher stellen, dass Deutschland auch in 30 Jahren noch technologisch voran geht?“ Große Fragen, für die Olaf Scholz und die SPD konkrete Antworten bereithalten.

Respekt ist das Thema von Olaf Scholz

Ein großes Thema heißt für Scholz „Respekt“: für die Menschen an den Arbeitsplätzen, im Ehrenamt und in den Familien. „Ich will, dass die Anerkennung der Arbeit unter schwierigen Bedingungen auch in Zukunft gewährleistet ist“, so Scholz, „und dafür muss die Bezahlung stimmen: in allen Arbeitsfeldern.“ Dies ist für Scholz nur bei einem intelligenten Umgang mit dem Klimawandel möglich. „Wir sind die Einzigen, die konkret sind, bei der Stahlproduktion, in der Chemiebranche und im Automobilbau. Die CDU will da nicht dran und die Grünen diskutieren und wollen nicht bewilligen.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil geniesst sein „Heimspiel“: „Ich bin stolz auf meine Heimatstadt und ich bin mir sicher, dass die Stadt im September klug wählen wird. Mit Olaf Scholz haben wir den Abstand besten Kandidaten und dafür lohnt es sich zu kämpfen, denn es geht um nicht weniger als einen Umbau der Gesellschaft, auf den sich die Menschen freuen können.“ Freuen können sich die 300 Gäste über die anschließende Diskussion.

Viele Fragen an den SPD-Kanzlerkandidaten

Die Fragen an den Kanzlerkandidaten und den Ministerpräsidenten liegen in Form eines 10cm hohen Stapels Bierdeckel vor und reichen von Europa und der Welt bis zur Rente und zur Pflege. Die leidet, so Olaf Scholz, unter einer Überökonomisierung. „Es kann nicht angehen, dass jeder Handgriff abgerechnet wird, denn es geht um Menschen, jene die pflegen und jene, die gepflegt werden müssen“ und diese Arbeit, so Stephan Weil, muss anständig entlohnt werden. „ Es darf keine Staatsknete ohne Tariflohn geben.“ Für solche Entscheidungen braucht es eine „kompetenten Staat“, denn nur der sei in der Lage, eine Menge Schaden zu verhindern.

Nicht erst seitdem im konservativen Lager wieder über die Anhebung des Renteneintrittsalters diskutiert wird, ist die sichere Rente ein bestimmendes Wahlkampfthema. Das Geld dafür ist vorhanden, erklärt Olaf Scholz und mokiert sich darüber, dass die Union Steuererleichterungen für Vermögende im Umfang von 30 Milliarden Euro anpeilt, die Sicherung der Renten aber für unfinanzierbar hält. Schon in der Vergangenheit hätten sich die „Rentenexperten“ verrechnet, als sie vor rund 30 Jahren den Zusammenbruch des Rentensystems prognostizierten. „Nichts davon ist eingetreten“, so Olaf Scholz und es wird auch jetzt nicht eintreten. „Die Rente wird länger halten als manche Ehe.“ Davon ist Olaf Scholz überzeugt und davon kann er auch die 300 Gäste in der „Nordkurve“ überzeugen. Für sie ist nach diesem Abend klar, dass es sich lohnt zu kämpfen, für Olaf Scholz, die SPD und unsere gemeinsame Zukunft.

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Lothar Pollähne

ist Journalist und stellvertretender Bezirksbürgermeister in Hannover.

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