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Wie Social Bots Medien, Politik und auch Wahlen beeinflussen

Beobachter fürchten mit Blick auf die Bundestagswahl eine schmutzige Kampagne, die über Social Bots im Internet verstärkt wird. Martin Fuchs ist Netz-Experte und erklärt, was Social Bots sind und wie sie arbeiten.
von Robert Kiesel · 8. Februar 2017

Herr Fuchs, Sie übersetzen Social Bots mit soziale Roboter. Wie funktionieren diese?

Social Bots sind kleine Software-Programme, die eigenständig, standardisiert und automatisiert Aufgaben übernehmen können, wie beispielsweise Accounts in sozialen Netzwerken zu bedienen. Das ist eine Technologie, die per se nicht schlecht oder gut, sondern neutral ist. Gefährlich wird es dort, wo sie in den demokratischen Diskurs eingreifen oder versuchen Meinungsbildung zu beeinflussen.

Wie viele dieser Bots gibt es und in welchen Netzwerken sind sie besonders aktiv?

Die Frage ist schwer zu beantworten. Laut einer neuen Studie werden 52 Prozent des weltweiten Traffic im Internet von Bots erzeugt. In offenen Netzwerken wie Twitter machen Social Bots Analysen zufolge 20 Prozent aller Accounts aus. Diese Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen, weil man nicht alle Bots finden kann und es teilweise schwerer wird menschliche Accounts von Bot-Accounts zu unterscheiden. Social Bots gibt es aber auch in allen anderen Netzwerken, wie Facebook und Instagram. Sogar auf geschlossenen Plattformen wie Snapchat wurden schon welche identifiziert.

Social Bots können Debatten beeinflussen oder gar erst hervorrufen. Wie?

Social Bots wirken auf viele Weisen. Accounts können künstlich sehr relevant gemacht werden, in dem viele Bots auf einen Account springen und ihn damit wichtiger wirken lassen. Bots können so programmiert werden, dass sie auf bestimmte Begriffe oder Themen reagieren und dort eine ‚Gegenmeinung’ positionieren. Sie erwecken den Eindruck, menschliche Nutzer zu sein und verzerren so die Wahrnehmung der anderen, „echten“ User.

Welche Rolle spielen die Medien?

Der subtile Weg, die Berichterstattung der Medien zu beeinflussen, ist wirklich gefährlich. Bots setzen Trends, indem sie bestimmte Themen oder Hashtags hochjazzen, über die Medien dann wiederum berichten. Sie können also Themen setzen. Außerdem können Bots Diskussionen zerstören, indem laufende Debatten mit sachfremden Beiträgen zugespamt werden. Der normale Nutzer hat dann keine Lust mehr darauf, sich an den Debatten zu beteiligen. Der demokratische Diskurs wird so unterdrückt.

Wie können sich Medien davor schützen, instrumentalisiert zu werden?

Für Medien gibt es meines Erachtens zwei erfolgversprechende Ansätze, mit Social Bots umzugehen. Erstens müssen sie ihre Mitarbeiter kontinuierlich schulen und weiterbilden. Grundkenntnisse über Netzkultur und Netz-Technik sollten mittlerweile bei jedem Redakteur – egal ob online oder print – vorhanden sein. Diese müssen ausgebaut werden. Zweitens appelliere ich an die Grundkompetenz des Journalisten überhaupt, die Recherche. Medien müssen stärker hinterfragen und darauf achten, ob bestimmte Dinge überhaupt Sinn machen.

Mit Blick auf die Bundestagswahl: Inwiefern können Social Bots Wahlen beeinflussen?

Ich glaube, dass der direkte Einfluss von Social Bots auf die Demokratie und den demokratischen Diskurs relativ überschaubar ist. Der indirekte Einfluss auf Journalisten, Politiker und Meinungsbilder ist dagegen enorm groß, weil die sich alle auf Twitter tummeln. Die veröffentlichte Meinung könnte also durchaus beeinflusst werden. Wahlentscheidend wird ihr Einfluss nicht werden, gänzlich unterschätzen sollte man ihre Wirksamkeit wiederum auch nicht.

Sind Parteien und politische Akteure ausreichend darauf vorbereitet?

Das Gute ist, dass wir seit Monaten eine intensive Diskussion über Social Bots haben. Das ist schon ein Fortschritt im Gegensatz zur Vergangenheit, in der es Social Bots zwar gab, aber niemand darüber gesprochen hat. Auf Bundesebene dürfte mittlerweile ein relativ großes Bewusstsein für das Thema herrschen. Auf Landes- und Kommunalebene, wo natürlich ebenfalls Politik gemacht wird, sind die Defizite dagegen deutlich größer.

Martin Fuchs lebt in Hamburg und arbeitet als Politikberater und Blogger. Er twittert als @wahl_beobachter

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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