Inland

Wie Patenschaften Flüchtlingen in Leipzig das Ankommen erleichtern

Integration ist eines der Schlüsselwörter im Umgang mit Flüchtlingen. Wie aber soll sie praktisch aussehen? Die Stadt Leipzig hat die Frage schon vor zwei Jahren beantwortet: Paten bauen den Flüchtlingen „Brücken in die Stadtgesellschaft“.
von Kai Doering · 16. März 2016
Sachspendenzentrale des Leipziger Flüchtlingsrats
Sachspendenzentrale des Leipziger Flüchtlingsrats

Man könnte meinen, in Leipzig hätten sie es kommen sehen. Lange bevor sich hunderttausende Flüchtlinge auf den Weg nach Deutschland machten, fasste der Stadtrat dort einen Beschluss. 2012 entschieden die Kommunalpolitiker, ein Patenschaftsprogramm für Flüchtlinge ins Leben zu rufen. Im Februar 2014 ging „Ankommen in Leipzig. Paten für Flüchtlinge“ an den Start.

„Wir haben den Anspruch, dass die Flüchtlinge, die zu uns kommen, schnell in die Stadtgesellschaft integriert werden“, sagt Sozialdezernent Thomas Fabian. Integration gelinge nicht über Behörden, sondern über die Gesellschaft. Im vergangenen Jahr stellte die Stadt 95.000 Euro für das Patenschaftsprogramm zur Verfügung, 2016 werden weitere 45.000 Euro dazukommen.

360 individuelle Patenschaften in zwei Jahren

Als Träger wurde mit dem Flüchtlingsrat Leipzig die Einrichtung mit der „fundiertesten Sachkenntnis“, wie ­Fabian sagt, gewonnen. Seit dem Start des Programms vor zwei Jahren sind 360 individuelle Patenschaften zwischen Flüchtlingen und Leipzigern entstanden, „bei denen sich auf jeder Seite mindestens drei Personen beteiligen“, berichtet Sonja Brogiato. Die Sprecherin des Flüchtlingsrats ist voll des Lobes für den „weitblickenden sozialpolitischen Ansatz“ des Programms, der den „Brückenschlag zwischen Flüchtlingen und Stadtgesellschaft“ möglich mache.

Zu den Individual-Patenschaften, bei denen etwa eine Familie aus Leipzig mit einer Flüchtlingsfamilie verbunden ist, komme mindestens die doppelte Anzahl „punktueller Patenschaften“ hinzu, etwa wenn engagierte Ehrenamtliche Nähkurse anböten oder Sprachpaten beim Deutschlernen hülfen.

Zehn Millionen Euro vom Bund

4230 Flüchtlingen seien im vergangenen Jahr nach Leipzig gekommen. Ihnen gegenüber stünden rund 2500 Freiwillige, die sich als Paten engagieren wollten. „Das sind deutlich mehr als wir einsetzen können“, sagt Brogiato. Denn bevor die potenziellen Paten ihren Einsatz beginnen, bekommen sie eine Schulung und weitere Informationen, was mit einer Patenschaft alles verbunden ist. „Frustration wollen wir auf beiden Seiten vermeiden“, erklärt Sozialdezernent Fabian.

Das Leipziger Konzept macht bereits Schule. In mehreren Städten gibt es inzwischen ähnliche Projekte. Bundes­familienministerin Manuela Schwesig hat deshalb im Januar das Bundesprogramm „Menschen stärken Menschen“ gestartet. Zehn Millionen Euro sollen Patenschaftsprogramme wie das in Leipzig bundesweit bekommen. Für Sonja Brogiato ein „Beleg für die Weitsicht kommunalpolitischen, sozialdemokratischen Handelns“.

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Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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