Wie Olaf Scholz die Weichen für die Zeit nach Corona stellen will
Bevor er zum eigentlichen Thema kommt, muss Olaf Scholz erstmal etwas loswerden. Es ist Dienstmorgen und eigentlich soll der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat bei der Konferenz des SPD-Wirtschaftsforums etwas zu seinen Vorhaben für den Umbau der Wirtschaft nach Corona sagen. Doch Scholz fängt mit der Rente an. Am Tag zuvor hat ein Beratungsgremium von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter an die allgemeine Lebenserwartung zu koppeln. Bis 2042 stiege es damit auf 68 Jahre.
„Das ist nicht nur falsch gerechnet, sondern auch unsozial“, kritisiert Scholz. „Ich stehe dafür, dass wir keine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters diskutieren.“ Dann kommt der Vizekanzler zu seinem eigentlichen Thema: der Wirtschaftspolitik nach Corona. „Post-Coronomics“ lautet schließlich der Titel der digitalen Konferenz des Wirtschaftsforums.
Die nächsten zwei Jahre entscheiden
„Die Zeit des plan- und strategielosen Weiter so ist zu Ende“, sagt Scholz. „Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Zeit nach Corona besser wird.“ Dafür müssten jetzt die Weichen gestellt werden. „Was in den nächsten zwei Jahren nicht gelingt, werden wir möglicherweise nie wieder aufholen können“, sagt Scholz. Deshalb komme es jetzt auf entschlossenes Handeln an.
Dass das weder von den Grünen noch von der CDU zu erwarten ist, daran lässt der SPD-Kanzlerkandidat keinen Zweifel. „Gute Absichten sind nicht genug“, sagt Scholz mit Blick auf die Grünen. „Auf Sicht fahren reicht nicht“, kritisiert er mit Blick auf die CDU, der er „Zukunftsverweigerung“ vorwirft, da sie bisher noch nicht einmal ein Programm für die Bundestagswahl vorgelegt hat. „Zynisch“ nennt Scholz das und warnt: Eine weitere von der CDU geführte Bundesregierung sei ein Risiko für Deutschland.
Eine Gesellschaft in der ein Aufbruch möglich ist
„Man braucht einen Plan und den Willen, ihn in die Tat umzusetzen“, sagt Scholz. „Leadership“ nennt er das. Seinen „Zukunftsplan“ hat er bereits Anfang des Jahres vorgestellt. Er umfasst die vier „Zukunftsmissionen“ Mobilität, Klima, Digitalisierung und Gesundheit. Damit diese Missionen erfolgreich gemeistert werden können sei allerdings eins eine wichtige Voraussetzung: „Wir brauchen ein Klima in der Gesellschaft in der ein Aufbruch möglich ist.“ Dafür sei gegenseitiger Respekt entscheidend.
Und natürlich brauche es auch einen aktiven Staat, der die richtigen Rahmenbedingungen setzt und investiert – wie beim Konjunkturpaket der Bundesregierung im vergangenen Jahr. Einen staatlichen „Transformationsfonds“ wie ihn das SPD-Wirtschaftsforum fordert will der Kanzlerkandidat aber nicht zusagen. „Der größte Teil an Investitionen ist privatwirtschaftlich und das wird auch so bleiben“, sagt Scholz.
Dirk Bleicker
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.