Inland

Wie mehr Arbeit die Rente retten soll

Die Angst vor späterem Renteneintritt, höheren Beiträgen und geringeren Renten ist groß. Die Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte eine Studie zum demographischen Wandel – und nennt weitere Möglichkeiten.
von Johanna Lehn · 19. April 2018

„Der demographische Wandel ist keine Monster-Welle“, kommentiert Gustav Horn, der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) die am Mittwoch in Berlin vorgestellte Studie.

Das IMK hat herausgestellt, welche Möglichkeiten der Arbeitsmarkt bietet, um der Rentenproblematik zu begegnen, die aus dem demographischen Wandel resultiert. Das Ergebnis: Die finanzielle Belastung der Erwerbstätigen durch den demographischen Wandel könne bis auf ein Fünftel des bisher angenommenen reduziert werden.      

Arbeitsmarkt wichtig in Rentenfrage

Nach Angaben der Forscher wird in der Diskussion um künftige Renten bislang mit Szenarien operiert, die bloß die verschiedenen Altersgruppen zueinander in Beziehung setzen. Demnach werde sich der Anteil der Über-65-Jährigen im Verhältnis zu den 15- bis 54-Jährigen im Jahr 2060 um 73 bis 86 Prozent erhöht haben.

Die Belastung der Erwerbstätigen entspreche aber nicht zwangsläufig dem Verhältnis der Altersgruppen zueinander. Denn bei der Prognose werde der Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt. Dabei habe er große Auswirkungen auf die Entwicklung der Renten und die Belastung für die Erwerbstätigen. „Es handelt sich um eine dreigliedrige Kette aus demographischem Wandel, Arbeitsmarkt und Rente“, sagt Horn. Das dritte Glied werde in der Diskussion zu wenig beachtet.

Nach der Rechnung, die die Studie zugrunde liegt, werde die Belastung der Erwerbstätigen, Kurzarbeiter ausgenommen, um 51 Prozent steigen. Wenn die Menschen mehr arbeiten würden, könne dieser Wert auf 10 bis 18 Prozent im Jahr 2060 gesenkt werden.

Mehr Arbeitsstunden pro Kopf

Zwar habe Deutschland ein Rekordniveau an beschäftigten Personen erreicht, in Bezug auf die Arbeitsstunden pro Kopf sei allerdings noch Luft nach oben, sagt Horn. Besonders Frauen müssten häufiger in Vollzeit arbeiten. Dafür seien flexiblere Arbeitszeiten und mehr Familienfreundlichkeit nötig. Außerdem sollten Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Eine weitere notwendige Maßnahme sieht Horn darin, die Subventionen von Minijobs zu verringern. Erwerbstätige würden in der Folge kürzer in geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnissen bleiben und weniger gefährdet sein, im Alter zu geringe Renten zu erhalten.

Die Studie führte das IMK der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut, Forschern der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien und Camille Logeay von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin durch.

Autor*in
Johanna Lehn

studiert Politikwissenschaft und Soziologie und schreibt für den „vorwärts“.

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