Inland

Wie „Hoaxmap“ Gerüchte über Migranten widerlegt

Wer „Lügenpresse“ schreit, nimmt es mit der Wahrheit oft selbst nicht so genau. Eine Netz-Initiative entlarvt nun Gerüchte über Migranten als perfide Hetze.
von Paul Starzmann · 12. Februar 2016
Screenshot hoaxmap.org
Screenshot hoaxmap.org

Die Vorwürfe wiegen schwer: Ein 13-jähriges Mädchen aus Thüringen sei von mehreren Asylbewerben vergewaltigt worden, der Vater der Minderjährigen anschließend zum Schweigen gezwungen worden. In Baden-Württemberg hätten Ausländer angeblich deutsche Gräber geschändet, heißt es bei Facebook. Ein Bauer in Westfalen habe sogar einen menschlichen Kopf auf seinem Grundstück gefunden – aufgespießt wie von den Kämpfern des sogenannten Islamischen Staats.

Alles Horror-Meldungen, schreckliche Nachrichten – nur: Keine davon ist wahr. Seit immer mehr Menschen vor Krieg und Not nach Deutschland fliehen, brodelt hierzulande die Gerüchteküche. Die Fantasien der Fremdenfeinde sind beflügelt, in den sozialen Netzwerken geht es hoch her. Neonazis und Rechtspopulisten nutzen die vermeintlichen Straftaten als Rechtfertigung ihrer Forderung nach Schließung der Grenzen.

Fakten gegen rechte Hetze

Die Macher der Online-Initiative „Hoaxmap“ haben genug von der rechten Hetze im Netz. Akribisch sammeln sie Falschmeldungen aus dem deutschsprachigen Raum und entlarven sie als das, was sie sind: gezielte Täuschungen, reiner Schwindel – auf Englisch: Hoax. Das Ziel der Aktion ist es, mit Fakten zu überzeugen, damit manche „ihre Meinung überdenken“, erklärt die Betreiberin der Webseite in der Süddeutschen Zeitung.

Mit einer Karte bringen die Macher der Internet-Plattform Ordnung in das Chaos aus hunderten von Lügen und Verleumdungen. Sie kategorisieren die Falschmeldungen, zeigen den Ursprungsort der Gerüchte und widerlegen diese anhand von Presseberichten. Dreiste Diebstähle in einem Thüringer Supermarkt? Der Filialleiter dementiert. Vertuschung eines Tötungsdelikts in einer österreichischen Asylunterkunft? Die Polizei weist die Gerüchte zurück. Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau nahe Rosenheim? Das vermeintliche Verbrechen ist nie passiert.

Rassismus und Sozialneid

Die infamen Lügen der Asylgegner bedienen rassistische Ressentiments, sie wollen die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreiben, Einheimische gegen Geflüchtete ausspielen. Auffallend häufig setzen die Hetzer dabei auf den Sozialneid ihres Publikums bei Facebook, WhatsApp und Co. Daraus ergeben sich absurde Gerüchte: Das Land Bremen verteile Bordell-Gutscheine an Asylsuchende. Ein Landratsamt bezahle Haarverlängerungen für religiöse Minderheiten. Die Polizei drücke gerne mal ein Auge zu, wenn Ausländer Diebstahl begehen.

Das Märchen von der unterdrückten Wahrheit schwingt mit bei vielen Horror-Meldungen über angebliche ausländische Verbrecher. Hoaxmap.org setzt dem etwas entgegen und tritt ein gegen die unanständigen Lügen der selbsternannten besorgten Bürger. Vielleicht können wir so auch bald zu einer rationalen Diskussion über Migration in Deutschland zurückkehren, die auf Fakten basiert und nicht auf infamen Unterstellungen und bösartigen Gerüchten.

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Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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