Wie Facebook und Co. die Politik zu einer verständlichen Sprache zwingen
Hassrede, rüde Umgangsformen und ein digitales Leben unter Menschen mit gleicher Meinung: Aus politischer Sicht hat sich die Diskussionskultur im Internet nicht so entwickelt wie erhofft. Wie lässt sich die Demokratie im Internet trotzdem gestalten und wie lassen sich die Menschen für politische Themen gewinnen? Zeitgleich mit dem Beginn der diesjährigen „re:publica“-Konferenz in Berlin, hatte die SPD deswegen zum Netzpolitischen Abend ins Willy-Brandt-Haus eingeladen.
Von Shitstorm überrollt
„Digitale Technologien bieten große Chancen zu besserer Information, zu mehr politischer Beteiligung und zu mehr Freiheit“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries in ihrer Eröffnungsrede. „Das Ergebnis dieser Freiheit mag uns manchmal missfallen, aber das muss man aushalten.“ Dies gehöre zu Streitkultur und Demokratie dazu – ausgenommen falsche Tatsachenbehauptungen und sogenannter „Hate Speech“. Eine Gefahr sind laut Zypries auch Filterblasen. Damit ist gemeint, dass die Nutzer in sozialen Plattformen wie Facebook nur noch Informationen und Meinungen erhalten, die sie selbst vertreten. „Ein demokratischer Diskurs ist nur möglich, wenn man den Standpunkt des Anderen kennt.“ Die Politik müsse daher die Fähigkeit zu einer fairen Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten stärken.
Wie notwendig dies offenbar ist, veranschaulichte ein Beispiel, das SPD-Generalsekretärin Katarina Barley in der anschließenden Diskussion beschrieb. Eine ihrer Mitarbeiterinnen habe sich an einer Online-Debatte beteiligt und sei daraufhin von einem Shitstorm überrollt worden. Youtube-Blogger Rayk Anders warf ein, dass dieses Phänomen nicht ausschließlich auf das Netz begrenzt sei. „Die Gesellschaft ist kälter und rauer geworden.“ Die Internetbotschafterin der Bundesregierung, Gesche Joost, ergänzte, dass bei den Diskussionen im Internet eine Rahmen gebende Instanz fehle. Im realen Leben würden schließlich Lehrer und Eltern Grenzen setzen, wenn jemand über die Strenge schlägt. Joost vermutet, dass sich diese Kräfte bislang zu wenig im Web einbringen.
Verständliche Sprache
Angesichts der rüden Umgangsformen im Internet wirkten die Diskussionsteilnehmer etwas ratlos. Konkreter wurde es bei der Frage, wie die Menschen über die sozialen Medien für politische Themen gewonnen werden können. Generalsekretärin Barley erzählte, dass das digitale Engagement der SPD gerade von jungen Menschen angenommen werde. Auch würden Facebook und Co. die Politik zu einer verständlichen Sprache zwingen. Dies bringe die Politik nach Angaben von Katarina Barley wieder näher an die Menschen heran. „Ich hasse diese typische alte Politikersprache. Ich finde diesen Antragssprech ganz schlimm“, sagte sie und erntete dafür Applaus.
Für Youtube-Blogger Anders ist außerdem wichtig, dass sich Parteien in den sozialen Medien authentisch präsentieren. „Die User müssen das Gefühl bekommen, dass sie es ernst meinen und dass es nicht nur darum geht, Leute anzulocken.“ Für greifbare politische Aktionen plädierte zudem Internetbotschafterin Joost. Die großen Themen müssten für die Menschen ins Kleine übertragen werden. So ließe sich beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit in Form einer Aktion gegen Lebensmittelverschwendung erfahrbar machen. „Mit dieser konkreten Form lassen sich Menschen ins Gespräch über Politik bekommen.“
Erfolgreiche Rechtspopulisten
Sie schlug ebenfalls vor, sich genau anzuschauen, warum ausgerechnet AfD und Pegida in den sozialen Medien so erfolgreich seien. „Sie bringen sich sehr stark ein, sind präsent und sprechen die Sprache ihrer Zielgruppe.“ Die Rechtspopulisten würden die Menschen passgenau bei deren Sorgen abholen. Nach Ansicht von Gesche Joost müssen die gemäßigten Parteien diese bürgerzentrierte Herangehensweise erst wieder erlernen.