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Wie ein „Einsparbonus“ hilft, Geld und Gas zu sparen

Gas wird knapp, Lebensmittel teuer. Mit einem „Einsparbonus“ will SPD-Politikerin Nina Scheer nun zusätzliche Anreize schaffen, um Energie zu sparen.
von Benedikt Dittrich · 28. Juni 2022
Ein Energiesparbonus soll helfen, dass alle noch mehr Gas sparen.
Ein Energiesparbonus soll helfen, dass alle noch mehr Gas sparen.

Wer viel heizt, kocht oder Haushaltsgeräte nutzt, verbraucht auch viel Energie. Da kann schnell ein dreistelliger Betrag für eine Nachzahlung zusammenkommen. Eine solche Abrechnung dürfte bei steigenden Preisen für Gas, Öl und Kohle wohl vielen in diesem Jahr ins Haus stehen. Es sollte Anreiz genug sein, Energie zu sparen, die Heizung runterzudrehen, cleverer zu kochen.

Doch Nina Scheer ist überzeugt: „Das Einsparen könnte noch deutlich besser funktionieren.“ Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion macht sich für einen zusätzlichen Anreiz stark, um Menschen dazu zu motivieren, noch ein wenig mehr Energie einzusparen. ​​Es gebe noch große Einsparpotentiale in privaten Haushalten. „Die Menschen reagieren auf den Preis bereits“, erklärt Scheer gegenüber dem „vorwärts“, mit Blick auf die vergangenen Jahre, „allerdings nur leicht“.

„Einsparbonus“ als zusätzlicher Anreiz

Zusammen mit dem Ökonom Jens Südekum hat Scheer deswegen das Modell eines „Einsparbonus“ erarbeitet. Die Idee: Wer im Vergleich zum Vorjahr Energie einspart, bekommt einen zusätzlichen Rabatt im Verhältnis zur eingesparten Energie. Wer mehr spart, bekommt am Ende also einen höheren Bonus auf die Endabrechnung, die am Ende der Staat zahlt. Damit will Scheer auch eine Ungerechtigkeit ausgleichen: „Der Sektor der Privathaushalte bleibt jenseits von Appellen und Informationskampagnen bisher bei finanziellen Anreizen außen vor“, sagt sie, „anders als die Industrie“.

Außerdem will Scheer einer möglichen Resignation der Kund*innen entgegenwirken: „Wenn das Einsparen angesichts der zu erwartenden Preisanstiege individuell möglicherweise als ohnehin nicht ausreichend erachtet wird, um einen einschneidenden preislichen Entlastungseffekt zu erzielen, könnte es dem Energiesparen entgegen wirken.“ Warum Energie sparen, wenn die nächste Abrechnung ohnehin viel zu hoch ausfallen wird, könnten sich viele fragen. „Hier kann der Energiesparbonus ansetzen“, ist Scheer überzeugt.

Geringerer Verbrauch stabilisiert den Preis

Vorgesehen ist der zunächst für den Gasverbrauch. „Die Zielrichtung des Modells ist, dass durch die Einsparung von Gas sowohl die Versorgungssicherheit gewährleistet als auch der Preis gezügelt wird“, ergänzt die Sozialdemokratin einen weiteren Aspekt des Modells. „Denn jedes eingesparte Gas mindert Gaseinkäufe zu einem aktuell vervielfachten Preis.“ Allein dies sei schon eine Entlastung für alle. Außerdem appelliert Scheer an die gesamtgesellschaftliche Solidarität: „Wer die Einsparung vornimmt, ist nicht entscheidend; Hauptsache die Einsparung erfolgt – zugunsten aller.“ Bei reicheren Privathaushalten dürfte womöglich der Einsparanreiz geringer ausfallen, meint Scheer weiter – damit wäre auch die Entlastung dieser Haushalte geringer.

Das Konzept von Scheer und Südekum zielt also eigentlich in zwei Richtungen: Zunächst sollen alle dazu motiviert werden, ihren Gasverbrauch zu senken – und so direkt Geld zu sparen. Wer so besonders viel Gas spart, hilft aber auch anderen, die weniger einsparen können, wenn für alle die Gaspreise sinken. Denn wenn insgesamt weniger Gas verbraucht wird, müssen die Versorgungsunternehmen weniger teures Gas zusätzlich einkaufen, ist Scheer überzeugt. Die Endabrechnung könnte dann für alle also niedriger ausfallen.

Sparen gegen die Wirtschaftskrise

Rund 30 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland geht zurzeit auf Privathaushalte zurück – Einsparungen in diesem Bereich könnten also tatsächlich einen Unterschied machen und einen Gasmangel im Winter vermeiden. In einer solchen Mangellage würde der Notfallplan Gas zwar die Versorgung von Privatwohnungen und kritische Infrastruktur bis zuletzt sichern – zuvor würde die Rationierung des Gases Betriebe treffen und so Arbeitsplätze und Wohlstand für alle gefährden.

„Somit gilt: Je stärker die Privathaushalte bereits heute zur gesamten Energiesparleistung beitragen, desto mehr Gas bleibt für die Industrie übrig und desto geringer ist die Gefahr einer akuten Wirtschaftskrise“, schreiben Scheer und Südekum in ihrem Papier. Um unter den aktuellen Bedingungen den Wegfall russischer Gas-Importe vollständig zu kompensieren, müssten in Privathaushalten rund 20 Prozent eingespart werden – zusammen mit einem Bündel weiterer Maßnahmen, die auch die Industrie betreffen. Die Kosten für den Einsparbonus für den Staat beziffern Scheer Südekum auf rund 6,2 Milliarden Euro.

Zum Konzept des „Einsparbonus“ auf der Seite von Nina Scheer.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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